Der Autokonzern Volkswagen hat wegen hoher Sonderkosten im dritten Quartal einen Gewinneinbruch erlitten. Während das operative Geschäft im Vergleich zum von Corona-Einschränkungen geprägten Vorjahresquartal deutlich zulegte, belastete eine milliardenschwere Abschreibung auf den vor drei Jahren mit großen Hoffnungen begleiteten Einstieg bei der US-Softwarefirma Argo den Gewinn, wie aus den am Freitag vorgelegten Quartalszahlen hervorgeht. Zudem fielen hohe Sonderkosten für die Aussetzung der Geschäfte in Russland und für den Porsche-Börsengang an. Die Ziele für die Auslieferungen im Gesamtjahr musste der Konzern wegen Problemen in der Teileversorgung eindampfen.
Das Aus für die Software-Beteiligung Argo, bei der Volkswagen zusammen mit Ford eine Software für das autonome Fahren entwickeln lassen wollte, fällt mit Abschreibungen von 1,9 Milliarden Euro ins Gewicht. Für die bisher mit Argo geplanten Robotertaxis, die nach wie vor über die Mobilitätstochter Moia in Hamburg 2025 an den Start gehen sollen, will VW in Kürze einen neuen Partner präsentieren. Auch wenn VW-Konzernchef Oliver Blume den Schritt als Fokussierung der Softwareambitionen darstellte, zeigt das Ende für Argo doch auch, welche schwierigen Aufgaben auf den neuen VW-Chef in Sachen Auto-Software warten. Zuletzt hatte VW auch in der konzerneigenen Softwaresparte Cariad mit Problemen zu kämpfen.
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in den Monaten Juli bis September legte um mehr als die Hälfte auf 4,3 Milliarden Euro zu, obwohl VW 1,6 Milliarden Euro für die ausgesetzten Geschäfte in Russland und den Porsche-Börsengang schultern musste. Unter dem Strich blieben nach Steuern 2,13 Milliarden Euro übrig, das ist gut ein Viertel weniger als vor einem Jahr. Gewinne brachten VW-Finanzchef Arno Antlitz zufolge vor allem die Premium-, Sport- und Luxusmarken sowie die Finanzdienstleistungen des Konzerns.
Die Jahresziele für Umsatz und Ergebnis bestätigte VW, die Auslieferungen sieht der Konzern aber nur noch auf Vorjahresniveau von 8,9 Millionen Fahrzeugen. Bisher hatte VW einen Anstieg von 5 bis 10 Prozent angepeilt. Im Tagesgeschäft lief es im dritten Quartal besser als im von Lieferengpässen belasteten Vorjahreszeitraum - der Umsatz stieg um gut 24 Prozent auf 70,7 Milliarden Euro.
Konzernchef Blume hatte die Führung des Dax-Unternehmens Anfang September von Herbert Diess übernommen. Als erste strategische Erfolge verwies er nun auf den Zusammenschluss mit der KI-Firma Horizon Robotics in China für automatisiertes und autonomes Fahren, den Produktionsbeginn des Modells ID.4 in den USA sowie die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens für Batteriematerialien mit dem belgischen Technologiekonzern Umicore. Außerdem habe der Börsengang von Porsche, der VW über die Notierung der Porsche-Vorzugsaktien brutto 9,1 Milliarden Euro einbrachte, «die anhaltende Stärke unserer Marken bewiesen».
Mit Blick auf die EU-Verständigung, von 2035 an nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen, gab sich Blume zuversichtlich. «Wir haben eine starke Strategie der Elektrifizierung. Wir werden auf diese Entscheidung vorbereitet sein», sagte er. In der Phase der Transformation sei es allerdings wichtig, flexibel zu sein, da der Wandel in unterschiedlichen Regionen der Welt unterschiedlich schnell vonstattengehe. Die EU überlege zudem noch, wie es mit synthetischen Kraftstoffen und E-Fuels weitergehe, sagte Blume. «Wir denken, dass die E-Fuels die Elektrifizierung unterstützen.» Die EU will ihre Entscheidung im Jahr 2026 erneut überprüfen.
Für die Kernmarke VW kündigte Markenchef Thomas Schäfer an, «die E-Offensive» weiter zu beschleunigen. Erst Anfang der Woche hatte er in Aussicht gestellt, VW werde bis zum Jahr 2026 zehn neue E-Auto-Modelle auf den Markt bringen und «spätestens 2033» in Europa nur noch E-Autos bauen. Von Januar bis September lieferte Volkswagen Pkw weltweit rund 207.000 rein elektrische E-Autos der Modellreihe ID aus - etwas mehr als die Hälfte (57 Prozent) aller E-Autos des Konzerns. Bei insgesamt 3,3 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen der Marke VW macht die E-Flotte allerdings erst rund sechs Prozent aus.
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