Niedersachsens neue Landesregierung aus SPD und Grünen hat einen Nachtragshaushalt von 2,9 Milliarden Euro für dieses und das kommende Jahr angekündigt. Mit dem Geld soll unter anderem ein Sofortprogramm zur Linderung der Energiekrise mit 970 Millionen Euro finanziert werden. Damit lösen SPD und Grüne ein zentrales Versprechen aus ihrem Landtagswahlkampf ein.
Das Kabinett beschloss am Dienstag den Entwurf für den Nachtragshaushalt, der die Folgen des Ukraine-Kriegs abpuffern soll. Finanziert werden soll er hauptsächlich aus höheren Steuereinnahmen, die das Land vor allem wegen der Inflation verbuchen kann. Am 30. November soll der Landtag dem Nachtragshaushalt zustimmen.
«Wir reden nicht nur, sondern wir werden mit dem, was wir tun können, auch tatsächlich helfen», sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Das Land werde dort unterstützen, wo Unterstützung gebraucht werde. Finanzminister Gerald Heere (Grüne) betonte: «Wir werden die aktuellen Krisenfolgen für Niedersachsen abmildern.»
Wie verteilt sich das Geld?
Der Nachtragshaushalt von 2,9 Milliarden Euro besteht aus fünf Säulen. Das Sofortprogramm in der Energiekrise macht dabei mit 970 Millionen Euro die größte Summe aus. Für Investitionen in die Energie-Infrastruktur, etwa für die Finanzierung des LNG-Terminals in Stade zum Import von Flüssiggas und für Wasserstoff-Projekte sollen rund 700 Millionen Euro bereitgestellt werden. Weitere rund 300 Millionen Euro sind für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten vorgesehen, rund 530 Millionen Euro für den kommunalen Finanzausgleich und rund 390 Millionen Euro sind eingeplant für zusätzliche Kosten des Landes etwa durch die Erhöhung des Wohngelds, höhere Zinsen und höhere Energiekosten in den landeseigenen Gebäuden.
Wer soll vom Sofortprogramm profitieren und wie?
Entlastet werden sollen unter anderem Familien mit Kindern, aber auch kleine und mittlere Unternehmen, Kultureinrichtungen, Sportvereine und Pendler, die den Nahverkehr nutzen. So entfallen 200 Millionen Euro auf den Bereich Kita und Schule. Konkret sollen damit insbesondere Erhöhungen der Essensgelder zurückgenommen werden - und zwar möglichst schnell, wie Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) hervorhob. Dafür erhielten die Kommunen abhängig von der Zahl der Schüler und Kita-Kinder einen Zuschuss vom Land, sagte sie.
Ebenfalls 200 Millionen Euro sind für Wirtschaftshilfen gedacht. Welche Voraussetzungen die Unternehmen erfüllen müssen, werde aber erst festgelegt, wenn die Rahmenbedingungen des Förderprogramms des Bundes feststünden, sagte Finanzminister Heere. Weitere 160 Millionen Euro fließen in die Mitfinanzierung des geplanten bundesweiten 49-Euro-Tickets im Nahverkehr. Für die Unterstützung von Härtefallfonds für besonders belastete private Verbraucher sind 55 Millionen Euro veranschlagt. Auch hier sind die Förderbedingungen noch offen.
Was sagt die Opposition im Landtag zu den Plänen?
CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner erklärte, gezielte Entlastungen für Menschen und Unternehmen werde man «konstruktiv begleiten». Wenn aber Geld zur Umsetzung des Koalitionsvertrages gebunkert werden solle, stehe die CDU dafür nicht zur Verfügung. Lechner kritisierte zudem, es sei noch unklar, welchen Anteil Niedersachsen an den Maßnahmen des Bundes in der Energiekrise schultern müsse. Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Stefan Marzischewski-Drewes, monierte, die Regierung lasse den Landtagsabgeordneten kaum Zeit, sich mit dem Nachtragshaushalt auseinanderzusetzen. Die Kommunen finanziell zu unterstützen, sei aber richtig.
Wie reagieren die Verbände?
Die Landesarmutskonferenz (LAK) begrüßte, dass der Nachtragshaushalt eine Entlastung für Menschen mit wenig Geld vorsehe. LAK-Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze betonte jedoch: «Politik und Gesellschaft müssen anfangen, auch über die Krise hinaus zu denken. Die Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich wird als Folge der Krise weiter wachsen.» Auch der Bezirkschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Mehrdad Payandeh, lobte die Pläne von Rot-Grün: «Die eine Milliarde Euro an Unterstützung durch die Landesregierung ist gut angelegt.» Der Chef der Unternehmerverbände (UVN), Volker Müller, erklärte, man halte den Nachtragshaushalt «leider für zwingend». Die Richtlinie für die Wirtschaftshilfen solle möglichst geringe bürokratische Anforderungen haben, forderte er.
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