Der niedersächsische Städte- und Gemeindebund hat sich enttäuscht über die aus seiner Sicht mageren Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels in Berlin geäußert. «Ich bin mir nicht sicher, ob der Ernst der Lage in Berlin angekommen ist», sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, am Dienstag in Hannover. «Ich hätte mir ein deutliches Eingeständnis gewünscht, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in privaten Wohnungen zu Ende ist.» Die Städte und Gemeinden in Niedersachsen bringen seinen Worten zufolge schon jetzt Menschen in Sammelunterkünften unter: «Dies wird spätestens ab Dezember überall der Fall sein.»
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte nach einem Spitzengespräch mit Vertretern von Ländern und Kommunen an, dass der Bund angesichts steigender Flüchtlingszahlen Bundesimmobilien für die Unterbringung von 4000 Geflüchteten zur Verfügung stellen will. Außerdem sollten die Kontrollen an der Grenze zwischen Bayern und Österreich über November hinaus verlängert werden. Finanzielle Zusagen machte sie nicht. Wie sich der Bund finanziell an den Flüchtlingskosten beteiligen will, soll in einer Bund-Länder-Runde Anfang November geklärt werden.
Von Jahresbeginn bis September haben nach Angaben des Bundes fast 135 000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl gestellt - und damit knapp 35 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Zudem müssen Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht werden, die ohne Visum einreisen können und für einen legalen Aufenthalt keinen Asylantrag stellen müssen.
Trips betonte: «Ein Verweis auf Grenzkontrollen und ein paar Plätze in Bundesimmobilien reicht da nicht aus. Wenn den Menschen vor Ort die Turnhallen und Dorfgemeinschaftshäuser genommen werden, müssen Bund und Land deutlich mehr tun.» Er forderte das Land auf, eigene Kapazitäten zu schaffen, bürokratische Hürden für Beschulung und Betreuung in Kitas abzubauen und den Kommunen mehr Geld für Sammelunterkünfte und Betreuung zu geben.
Auch der Hauptgeschäftsführer des niedersächsischen Städtetages, Jan Arning, erklärte, die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels blieben weit hinter den Erwartungen zurück. «Die Kommunen haben schlicht keine Kapazitäten mehr, Geflüchtete und Vertriebene angemessen und dezentral unterzubringen», sagte er. «56 weitere Bundesimmobilien mit rund 4000 Unterbringungsmöglichkeiten sind ein Witz.»
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