In Bremen war es nach einer Corona-Pause wieder soweit: Mehrere Hundert Schaulustige sahen am Freitag bei der Eiswettprobe zu. Bei dem bekannten Brauch überprüft ein als Schneider verkleideter Schauspieler mit einem heißen Bügeleisen in der Hand, ob die Weser zugefroren ist. Am Freitag entschied sich der Verkleidete am Osterdeich, die Hilfe eines Seenotrettungsbootes in Anspruch zu nehmen, um den Fluss zu queren. Womit konstatiert werden kann: Die Weser ist nicht zugefroren, die Eiswette wurde verloren. In den vergangenen zwei Jahren war die Eiswettprobe aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen.
Dass die Wette verloren ging, war wenig überraschend: Seit 1947 war der Fluss nicht mehr zugefroren. Die Frage, ob die Weser mit einer Eisschicht überzogen ist, war früher für die Schifffahrt der Hansestadt Bremen wichtig.
Veranstaltet wird die Eiswettprobe von dem nicht eingetragenen Verein Eiswette von 1829. Dem Verein zufolge sollen erstmals 1828 Bremer Bürger Tipps zu der Frage abgegeben haben, ob die Weser zufrieren wird. Der Verein nimmt in regelmäßigen Abständen neue Mitglieder auf, sogenannte Novizen. Dem Novizenjahrgang 2023 gehörten erstmals überhaupt Frauen an, sagte Vereinspräsident Patrick Wendisch vor der Veranstaltung. «Ein Novize ist jemand, der auserkoren wird, der die Eiswettgemeinschaft mit seiner Persönlichkeit bereichert», so Wendisch. Am Freitag traten die Novizinnen und Novizen dann bei der Eiswettprobe auf.
Bevor der Schneider die Weser auf dem Seenotrettungsboot querte, wurde den Zuschauern rund eine Stunde lang Kabarett geboten. Ausgeteilt wurde von den Rednern unter anderem gegen den Energiepreis-Deckel, Radwege und die Cannabis-Legalisierung. Auch die Bundesregierung in Berlin und die Regierung in Bremen wurden veralbert. Hinsichtlich des Klimawandels scherzte Redner Peter Lüchinger: «Jeder Bürger - jeder Bremer und jede Bremerin - bekommt ein Gummiboot vom Senat aus dem Klimasonderfonds.»
Nach der Eiswettprobe lädt der Veranstalter zum 21. Januar zum Eiswettfest in das Bremer Congress-Centrum ein. Bei der Veranstaltung werden Spenden für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gesammelt. Wer dieses Jahr auf dem Fest eine Rede halten wird, wollte Präsident Wendisch im Vorfeld nicht bekannt geben. Weil bis 2020 keine Frauen zu der Feier eingeladen wurden, gab es in der Vergangenheit auch reichlich Kritik an dem Fest.
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