Energie Bau für Offshore-Leitungen beginnt auf Norderney Um Strom von Windparks von der Nordsee bis in die Übertragungsnetze am Festland zu transportieren, hat der Netzbetreiber Amprion auf der Insel Norderney mit dem Bau zweier Offshore-Netzanbindungssysteme begonnen. Mit einem symbolischen Spatenstich am Nordstrand gaben Amprion-Vertreter, Niedersachsens Energieminister Olaf Lies und Norderneys Bürgermeister Frank Ulrichs (beide SPD) am Montag das Startsignal für die Bauarbeiten auf der Insel. Denn die Kabel der Netzanbindungssysteme DolWin4 und BorWin4 sollen unter der Insel verlaufen. Dafür nimmt Amprion in den kommenden zehn Wochen vier sogenannte Horizontalbohrungen vor, mit denen die Insel unterquert werden soll. Es sei das erste Mal, dass innerhalb des nur zwei Monate langen Bauzeitenfensters im Sommer vier Bohrungen abgeschlossen werden könnten, sagte der Geschäftsführer von Amprion Offshore, Carsten Lehmköster. «Das ist ein Beispiel, wie man Projekte beschleunigen kann und gleichzeitig aber auch den Eingriff in den Nationalpark hier auf der Insel minimieren kann.» Bereits im Winter hatte Amprion damit begonnen, Materialien für die Bauarbeiten auf die Insel zu transportieren, um die touristische Hochsaison und die Vogelbrutzeit für den Bauverkehr auf der Ferieninsel zu umgehen. Die Offshore-Netzanbindungssysteme DolWin4 und BorWin4 liegen weitgehend parallel: Von den Nordsee-Windparks aus verlaufen die Kabel zunächst 60 beziehungsweise 125 Kilometer auf See. Weitere rund 155 Kilometer werden als Erdkabel von der Küste in Richtung der Umspannlage Hanekenfähr bei Lingen an der Ems verlegt. Bei den Bohrungen unter Norderney werden zunächst Kabelschutzrohre in die Bohrkanäle eingebracht, in die später dann die Gleichstromkabel eingezogen werden. Insgesamt sollen die beiden Anbindungssysteme ab 2028 und 2029 eine elektrische Leistung von bis zu 1,8 Gigawatt transportieren, die vor allem für die Industriezentren in Nordrhein-Westfalen bestimmt ist. Die übertragene Leistung entspricht laut Amprion dem Bedarf einer Großstadt mit 1,8 Millionen Einwohnern. «Wir wissen schon jetzt, dass das zwar die ersten, aber sicherlich nicht die letzten Projekte sind», sagte der technische Geschäftsführer von Amprion, Hendrik Neumann. Bis Ende 2030 will Amprion noch fünf weitere Offshore-Netzanbindungsprojekte realisieren. Weitere sind im Netzentwicklungsplan vorgesehen. Insgesamt plant Amprion, bis 2026 rund 12 Milliarden Euro in Netzausbau-Maßnahmen investieren. Die Umsetzung werde laut dem Amprion-Chef «alles andere als ein Selbstläufer». Es gebe noch viele offene Baustellen. Planungsverfahren müssten rechtssicher und bei gleichbleibender Qualität beschleunigt, gleichzeitig aber auch die Belange des Klima- und Artenschutzes ausreichend berücksichtigt werden. Hinzu komme der Fachkräfte- und Ressourcenmangel. Für die speziellen Bauverfahren im Küstenmeer gibt es laut dem Netzbetreiber nur eine begrenzte Zahl von Dienstleistern und Maschinen am Markt. «Es braucht an vielen Stellen kreative Lösungen», fasste Neumann zusammen. Gleichzeitig zeigte sich der Manager aber sicher, die gesteckten Ausbauziele für die Offshore-Leitungen zu erreichen. Wenn möglich will Amprion sein Netzanbindungsprojekt BorWin4 auch ein Jahr früher als bislang geplant abschließen, also wie das Schwester-Projekt bis 2028. Energieminister Olaf Lies sprach angesichts des Baustarts für die Offshore-Projekte von einem «Mutmacher-Tag», der zeige, dass Deutschlands Energieversorgung auf stabile und sichere Füße gestellt werde. Die Klima- und Energiekrise verdeutliche, dass Deutschland in Abhängigkeit von Energieimporten lebe. «Europas Antwort auf die fossile Abhängigkeit ist ein europäisches Offshore-System, das wir entwickeln», sagte Lies. Um die Energie zu transportieren, gehöre dazu auch der Ausbau der Energienetze. «Deswegen werbe ich sehr dafür, dass wir eben auch diesen Ausbau beschleunigt voranbringen.» Inselbürgermeister Frank Ulrichs sagte, die Norderneyer seien nach ähnlichen Bauprojekten auf der Insel mittlerweile schon «recht routiniert». «Norderney befindet sich nach wie vor in einer Schlüsselposition. Viele gleichartige Projekte stehen für die nächsten Jahre noch an», sagte Ulrichs. Die Herausforderungen lägen darin, einen Ausgleich zwischen umweltfachlichen und touristischen Ansprüchen der Insel und den nötigen Baumaßnahmen zu finden. Zudem brachte der Bürgermeister die Insel als Standort für Windkraftanlagen ins Spiel. Bislang seien diese wegen den Schutzgebieten und dem Nationalpark Wattenmeer auf Norderney ausgeschlossen. «Dabei denke ich an angemessene Größenordnungen, die sich in das Landschaftsbild einfügen oder vergleichbare Alternativen.» Auch angesichts der geplanten Erdgasförderung vor Borkum müsse die Frage erlaubt sein, warum nicht auch auf Inseln wie Norderney über alternative, CO2-neutrale Energiegewinnung nachgedacht werden könne, sagte Ulrichs.
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Bau für Offshore-Leitungen beginnt auf Norderney

© Sina Schuldt/dpa
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Um Strom von Windparks von der Nordsee bis in die Übertragungsnetze am Festland zu transportieren, hat der Netzbetreiber Amprion auf der Insel Norderney mit dem Bau zweier Offshore-Netzanbindungssysteme begonnen. Mit einem symbolischen Spatenstich am Nordstrand gaben Amprion-Vertreter, Niedersachsens Energieminister Olaf Lies und Norderneys Bürgermeister Frank Ulrichs (beide SPD) am Montag das Startsignal für die Bauarbeiten auf der Insel. Denn die Kabel der Netzanbindungssysteme DolWin4 und BorWin4 sollen unter der Insel verlaufen. Dafür nimmt Amprion in den kommenden zehn Wochen vier sogenannte Horizontalbohrungen vor, mit denen die Insel unterquert werden soll.

Es sei das erste Mal, dass innerhalb des nur zwei Monate langen Bauzeitenfensters im Sommer vier Bohrungen abgeschlossen werden könnten, sagte der Geschäftsführer von Amprion Offshore, Carsten Lehmköster. «Das ist ein Beispiel, wie man Projekte beschleunigen kann und gleichzeitig aber auch den Eingriff in den Nationalpark hier auf der Insel minimieren kann.» Bereits im Winter hatte Amprion damit begonnen, Materialien für die Bauarbeiten auf die Insel zu transportieren, um die touristische Hochsaison und die Vogelbrutzeit für den Bauverkehr auf der Ferieninsel zu umgehen.

Die Offshore-Netzanbindungssysteme DolWin4 und BorWin4 liegen weitgehend parallel: Von den Nordsee-Windparks aus verlaufen die Kabel zunächst 60 beziehungsweise 125 Kilometer auf See. Weitere rund 155 Kilometer werden als Erdkabel von der Küste in Richtung der Umspannlage Hanekenfähr bei Lingen an der Ems verlegt. Bei den Bohrungen unter Norderney werden zunächst Kabelschutzrohre in die Bohrkanäle eingebracht, in die später dann die Gleichstromkabel eingezogen werden. Insgesamt sollen die beiden Anbindungssysteme ab 2028 und 2029 eine elektrische Leistung von bis zu 1,8 Gigawatt transportieren, die vor allem für die Industriezentren in Nordrhein-Westfalen bestimmt ist. Die übertragene Leistung entspricht laut Amprion dem Bedarf einer Großstadt mit 1,8 Millionen Einwohnern.

«Wir wissen schon jetzt, dass das zwar die ersten, aber sicherlich nicht die letzten Projekte sind», sagte der technische Geschäftsführer von Amprion, Hendrik Neumann. Bis Ende 2030 will Amprion noch fünf weitere Offshore-Netzanbindungsprojekte realisieren. Weitere sind im Netzentwicklungsplan vorgesehen. Insgesamt plant Amprion, bis 2026 rund 12 Milliarden Euro in Netzausbau-Maßnahmen investieren.

Die Umsetzung werde laut dem Amprion-Chef «alles andere als ein Selbstläufer». Es gebe noch viele offene Baustellen. Planungsverfahren müssten rechtssicher und bei gleichbleibender Qualität beschleunigt, gleichzeitig aber auch die Belange des Klima- und Artenschutzes ausreichend berücksichtigt werden. Hinzu komme der Fachkräfte- und Ressourcenmangel. Für die speziellen Bauverfahren im Küstenmeer gibt es laut dem Netzbetreiber nur eine begrenzte Zahl von Dienstleistern und Maschinen am Markt. «Es braucht an vielen Stellen kreative Lösungen», fasste Neumann zusammen. Gleichzeitig zeigte sich der Manager aber sicher, die gesteckten Ausbauziele für die Offshore-Leitungen zu erreichen. Wenn möglich will Amprion sein Netzanbindungsprojekt BorWin4 auch ein Jahr früher als bislang geplant abschließen, also wie das Schwester-Projekt bis 2028.

Energieminister Olaf Lies sprach angesichts des Baustarts für die Offshore-Projekte von einem «Mutmacher-Tag», der zeige, dass Deutschlands Energieversorgung auf stabile und sichere Füße gestellt werde. Die Klima- und Energiekrise verdeutliche, dass Deutschland in Abhängigkeit von Energieimporten lebe. «Europas Antwort auf die fossile Abhängigkeit ist ein europäisches Offshore-System, das wir entwickeln», sagte Lies. Um die Energie zu transportieren, gehöre dazu auch der Ausbau der Energienetze. «Deswegen werbe ich sehr dafür, dass wir eben auch diesen Ausbau beschleunigt voranbringen.»

Inselbürgermeister Frank Ulrichs sagte, die Norderneyer seien nach ähnlichen Bauprojekten auf der Insel mittlerweile schon «recht routiniert». «Norderney befindet sich nach wie vor in einer Schlüsselposition. Viele gleichartige Projekte stehen für die nächsten Jahre noch an», sagte Ulrichs. Die Herausforderungen lägen darin, einen Ausgleich zwischen umweltfachlichen und touristischen Ansprüchen der Insel und den nötigen Baumaßnahmen zu finden.

Zudem brachte der Bürgermeister die Insel als Standort für Windkraftanlagen ins Spiel. Bislang seien diese wegen den Schutzgebieten und dem Nationalpark Wattenmeer auf Norderney ausgeschlossen. «Dabei denke ich an angemessene Größenordnungen, die sich in das Landschaftsbild einfügen oder vergleichbare Alternativen.» Auch angesichts der geplanten Erdgasförderung vor Borkum müsse die Frage erlaubt sein, warum nicht auch auf Inseln wie Norderney über alternative, CO2-neutrale Energiegewinnung nachgedacht werden könne, sagte Ulrichs.


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