Abnehmen für den Job: 36-jähriger Lehrer trainiert, um verbeamtet zu werden Thomas Klüter Bielefeld (nw). Ein Lächeln will sich nicht so richtig zeigen, als Tobias Klüter morgens auf die Waage steigt. 94 Kilogramm mahnt die Digitalanzeige. Das ist zu viel bei einer Körpergröße von 1,73 Metern. Das weiß der 36-Jährige und er hat sich vorgenommen, etwas zu ändern. Um sich selbst zu mehr Bewegung und Sport zu motivieren, hat sich der Gesamtschullehrer ein Ziel gesetzt: den Hermannslauf 2016."Da habe ich die Latte ganz schön hoch gelegt. Das ist mir klar", sagt Klüter. Über 31,1 Kilometer geht die Strecke. Mehr als 500 Höhenmeter müssen dabei bewältigt werden. Trotzdem ist Tobias Klüter fest entschlossen am letzten Sonntag im April 2016 beim 45. Hermannslauf die Ziellinie zu überqueren.Die Gründe für den Vater von drei Kindern, das zu schaffen, sind schwerwiegender als die Pfunde auf den Rippen. Natürlich geht es um Lebensqualität, Wohlgefühl und Gesundheit. Es geht aber auch um die finanzielle Existenz der Familie. Tobias Klüter ist angestellter Lehrer an der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Gesamtschule in Stieghorst. Nach seinem Referendariat an der Gesamtschule Schermbeck bei Kleve lehnte die Bezirksregierung Detmold seinen Antrag auf Verbeamtung aus gesundheitlichen Gründen ab. Der BMI sei zu hoch, also der "Body-Mass-Index", der sich aus der Körpergröße und dem Gewicht errechnet.Jeden Monat stehen deshalb jetzt etwa 900 Euro weniger auf der Gehaltsabrechnung als bei den verbeamteten Kollegen. Und das bei gleicher Arbeit und der selben Stundenzahl. Die Differenz entsteht durch ein geringeres Grundentgelt, höhere Kosten für Sozial- und Krankenversicherung, sowie durch fehlende Kinderzuschläge, die nur an Beamten gezahlt werden."Den Unterschied genau zu beziffern ist kompliziert", sagt Torsten Schätz, der Schulleiter der Gesamtschule Stieghorst. "Bei Zahlungen wie dem Weihnachtsgeld, stehen angestellte Lehrer sogar besser da als die verbeamteten Kollegen." Trotzdem will Tobias Klüter das Problem endlich anpacken. "Der Amtsarzt stellte bei mir auch erhöhten Blutdruck, erhöhte Pulsfrequenz und einen zu hohen Cholesterinwert fest", so Klüter. Alles Beschwerden, die mit dem Übergewicht in Verbindung stehen und einer Verbeamtung widersprechen.Die Voraussetzung dafür ist nämlich, dass bis zum erreichen der gesetzlichen Altersgrenze keine überdurchschnittlichen, krankheitsbedingten Ausfallzeiten oder sogar ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst zu erwarten sind. Das zum Zeitpunkt der Bewerbung zu Beurteilen grenze an Wahrsagerei, schreibt Rechtsanwalt Michael Felser zu dem Thema auf seiner Internetseite: "Eine solche Prognose kann ein Mediziner seriös nicht abgeben, da sie weit in die Zukunft gerichtet ist und im Grunde sogar medizinische Fortschritte bei der Behandlung von Krankheiten vorwegnehmen müsste. Was heute zur Dienstunfähigkeit führt, muss dies in 30 Jahren längst nicht zwingend tun."Ähnlich bewertete das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom Juli 2013 die Verwertbarkeit medizinischer Prognosen. Die seien mit erheblichen Unsicherheiten verbunden und das dürfe nicht zu Lasten der Bewerber auf eine Verbeamtung gehen. Daher wurde die Beweislast gegen eine zu erwartende gesundheitliche Beeinträchtigung, die bisher beim Bewerber lag, auf den Dienstherren verlagert. Der muss jetzt begründet beweisen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze eine Dienstunfähigkeit eintreten werde."Lehrer brauchen für den Alltag eine robuste Gesundheit", sagt Schulleiter Torsten Schätz. "Die medizinischen Voraussetzungen dafür aber nach dem BMI zu bewerten, halte ich für falsch." Etwa ein Drittel der 104 Lehrerinnen und Lehrer an der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Gesamtschule in Stieghorst sind nicht verbeamtet.Darüber, ob Tobias Klüter auch im nächsten Jahr noch dazugehört und wie sich das Training für den Hermannslauf entwickelt, wird die Neue Westfälische berichten. Die ersten Erfolge hat der Lehrer jetzt schon: Der morgendliche Gang zur Personenwaage bringt Klüter jetzt zum Lächeln.

Abnehmen für den Job: 36-jähriger Lehrer trainiert, um verbeamtet zu werden

Bielefeld (nw). Ein Lächeln will sich nicht so richtig zeigen, als Tobias Klüter morgens auf die Waage steigt. 94 Kilogramm mahnt die Digitalanzeige. Das ist zu viel bei einer Körpergröße von 1,73 Metern. Das weiß der 36-Jährige und er hat sich vorgenommen, etwas zu ändern. Um sich selbst zu mehr Bewegung und Sport zu motivieren, hat sich der Gesamtschullehrer ein Ziel gesetzt: den Hermannslauf 2016.

Neues Terrain: Lehrer Tobias Klüter trainiert schon mal dort, wo der Hermannslauf im kommenden Jahr enden wird. - © Foto: Thomas Klüter
Neues Terrain: Lehrer Tobias Klüter trainiert schon mal dort, wo der Hermannslauf im kommenden Jahr enden wird. - © Foto: Thomas Klüter

"Da habe ich die Latte ganz schön hoch gelegt. Das ist mir klar", sagt Klüter. Über 31,1 Kilometer geht die Strecke. Mehr als 500 Höhenmeter müssen dabei bewältigt werden. Trotzdem ist Tobias Klüter fest entschlossen am letzten Sonntag im April 2016 beim 45. Hermannslauf die Ziellinie zu überqueren.

Die Gründe für den Vater von drei Kindern, das zu schaffen, sind schwerwiegender als die Pfunde auf den Rippen. Natürlich geht es um Lebensqualität, Wohlgefühl und Gesundheit. Es geht aber auch um die finanzielle Existenz der Familie. Tobias Klüter ist angestellter Lehrer an der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Gesamtschule in Stieghorst. Nach seinem Referendariat an der Gesamtschule Schermbeck bei Kleve lehnte die Bezirksregierung Detmold seinen Antrag auf Verbeamtung aus gesundheitlichen Gründen ab. Der BMI sei zu hoch, also der "Body-Mass-Index", der sich aus der Körpergröße und dem Gewicht errechnet.

Jeden Monat stehen deshalb jetzt etwa 900 Euro weniger auf der Gehaltsabrechnung als bei den verbeamteten Kollegen. Und das bei gleicher Arbeit und der selben Stundenzahl. Die Differenz entsteht durch ein geringeres Grundentgelt, höhere Kosten für Sozial- und Krankenversicherung, sowie durch fehlende Kinderzuschläge, die nur an Beamten gezahlt werden.

"Den Unterschied genau zu beziffern ist kompliziert", sagt Torsten Schätz, der Schulleiter der Gesamtschule Stieghorst. "Bei Zahlungen wie dem Weihnachtsgeld, stehen angestellte Lehrer sogar besser da als die verbeamteten Kollegen." Trotzdem will Tobias Klüter das Problem endlich anpacken. "Der Amtsarzt stellte bei mir auch erhöhten Blutdruck, erhöhte Pulsfrequenz und einen zu hohen Cholesterinwert fest", so Klüter. Alles Beschwerden, die mit dem Übergewicht in Verbindung stehen und einer Verbeamtung widersprechen.

Die Voraussetzung dafür ist nämlich, dass bis zum erreichen der gesetzlichen Altersgrenze keine überdurchschnittlichen, krankheitsbedingten Ausfallzeiten oder sogar ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst zu erwarten sind. Das zum Zeitpunkt der Bewerbung zu Beurteilen grenze an Wahrsagerei, schreibt Rechtsanwalt Michael Felser zu dem Thema auf seiner Internetseite: "Eine solche Prognose kann ein Mediziner seriös nicht abgeben, da sie weit in die Zukunft gerichtet ist und im Grunde sogar medizinische Fortschritte bei der Behandlung von Krankheiten vorwegnehmen müsste. Was heute zur Dienstunfähigkeit führt, muss dies in 30 Jahren längst nicht zwingend tun."

Ähnlich bewertete das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom Juli 2013 die Verwertbarkeit medizinischer Prognosen. Die seien mit erheblichen Unsicherheiten verbunden und das dürfe nicht zu Lasten der Bewerber auf eine Verbeamtung gehen. Daher wurde die Beweislast gegen eine zu erwartende gesundheitliche Beeinträchtigung, die bisher beim Bewerber lag, auf den Dienstherren verlagert. Der muss jetzt begründet beweisen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze eine Dienstunfähigkeit eintreten werde.

"Lehrer brauchen für den Alltag eine robuste Gesundheit", sagt Schulleiter Torsten Schätz. "Die medizinischen Voraussetzungen dafür aber nach dem BMI zu bewerten, halte ich für falsch." Etwa ein Drittel der 104 Lehrerinnen und Lehrer an der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Gesamtschule in Stieghorst sind nicht verbeamtet.

Darüber, ob Tobias Klüter auch im nächsten Jahr noch dazugehört und wie sich das Training für den Hermannslauf entwickelt, wird die Neue Westfälische berichten. Die ersten Erfolge hat der Lehrer jetzt schon: Der morgendliche Gang zur Personenwaage bringt Klüter jetzt zum Lächeln.

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