Störche im Mühlenkreis weit verbreitet Erstmals Anstieg auf 42 Horstpaare / Bestandsausweitung nach Westen / Zwei Paare südlich des Gebirges Von Alfons Bense Petershagen (mt). Von nur noch drei Weißstorchpaaren um 1990 im Kreis Minden-Lübbecke ist die Zahl auf 42 angestiegen: Die Störche waren 2012 so stark vertreten wie vor 80 bis 100 Jahren. Der Mühlenkreis ist auch zum Storchenkreis geworden. Das ist nicht nur allein für den Fortbestand der Art im Kreis eine gute Nachricht. Der Storch wird wohl in der gesamten Bevölkerung ungeteilt positiv bewertet und steht wie kaum ein anderes Tier für den engen Bezug von Mensch und Natur, der schleichend und unbemerkt verloren zu gehen droht, als stünde die Art Mensch außerhalb der Natur.Von den an Nestern und Nisthilfen ansässigen 42 Storchenpaaren bebrüteten 40 ein Gelege, allerdings nur 27 erfolgreich. Aus mindestens 125 gelegten Eiern schlüpften mindestens 107 Küken, von denen nur 61 bis zum Ausfliegen aufwuchsen.Verluste treten in jedem Jahr auf, doch ist die Quote ausfliegender Junge pro Horstpaar (JZa) mit 1,45 (2011: 1,94) niedrig und für den Erhalt des Bestandes langfristig nicht ausreichend. Ursache ist immer wieder lokaler Nahrungsmangel infolge des geringen Bestandes oder sogar ein weiterer Verlust des feuchten, extensiv genutzten Grünlands.Doch in diesem Jahr wurde die extrem hohe Sterblichkeit der Storchenjungen durch das nasskalte Juniwetter bewirkt, das sie im Alter von ein bis drei Wochen besonders hart traf. Ganze Bruten gingen verloren. So blieb es bei 61 Jungstörchen, 2011 waren es bei nur 34 Brutpaaren noch 66.Begeisterung in neuen StorchendörfernDie langjährige NRW-Storchenhauptstadt Petershagen konnte noch zulegen: 19 Paare (plus zwei) versuchten ihr Glück, darunter Erstansiedlungen abseits der bevorzugten Weseraue: Ilserheide, Frille, Rosenhagen. Neue Nisthilfen wurden fast unmittelbar wahrgenommen auch in Quetzen, Lahde, Seelenfeld. Die niedrige JZa in der Stadt Petershagen mit nur 1,1 ausfliegenden Jungen pro Paar deutet hier vermutlich auf eine Sättigung des Lebensraumes hin.Hille folgt mit elf Paaren (plus zwei). Ein weiteres Paar baute spontan auf einem Hausschornstein, zu spät für diese, doch vermutlich als Vorgriff auf die nächste Brutsaison. In den Hiller Ortsteilen Brennhorst und Neuenbaum kam es zu ersten Bruten. Die Störche haben sich hier neben den Ortsteilen Mindenerwald und Wittloge den nördlichen Teil der Gemeinde erschlossen, in dem noch ausreichend Grünlandbereiche erhalten sind.Bei 24 Jungen ergibt sich die "Hiller JZa" zu 2,2 und damit deutlich höher als die Petershäger Vergleichszahl. Die Nähe zur Deponie Pohlsche Heide ist ganz offensichtlich ein "positiver" Bestandsfaktor.Was die Vögel dort als Nahrung aufnehmen, ist nicht leicht zu ermitteln. Die Katastrophe von 2009, als zahlreiche Jungstörche durch von den Altvögeln eingetragene Silikon- und Gummistücke starben, wiederholte sich nicht. In den Horsten fanden sich diese Nahrung imitierenden Gegenstände kaum, auch nicht in den vorgefundenen Gewölleballen.In Hille bebrütete das Storchenpaar ein Gelege von sieben Eiern, ein sehr seltenes Ereignis. Die vom Trägerverein der alten Brennerei Hille im Frühjahr installierte Kamera ermöglichte lebendige Einblicke. Drei Jungstörche wuchsen schließlich heran, von denen einer nach dem Jungfernflug am Boden blieb, eingefangen und auf dem Dach des nahen Supermarktes ausgesetzt werden konnte. Am nächsten Tag stand er vereint mit seinen Nestgeschwistern wieder auf dem Brennereischornstein.Weiterer Anstieg der Storchenzahlen möglichIm Altkreis Lübbecke brüteten erstmals neun Paare (plus drei), ganz offensichtlich mit der Option auf mehr. Getmold, Harlinghausen und Rahden markierten 2012 die nächsten Stationen der Rückbesiedlung des westlichen Kreisgebietes. Das alte Storchenland um Oppenwehe und Oppendorf ist dagegen von den Störchen offenbar noch nicht wieder entdeckt worden. Die besetzten Plätze rücken jedoch näher heran, sodass die Verbreitungslücke nach Westen zu den wenigen Störchen am Dümmer in einigen Jahren geschlossen sein könnte.Das Wiedererstarken der Störche in Nord- und Westdeutschland hat vielschichtige Gründe. Ihr Anstieg im Kreis Minden-Lübbecke ist besonders ausgeprägt und ging der Entwicklung in den Nachbarkreisen voran. Der Bestand in NRW stieg von den drei letzten Paaren auf 101. Verbreitungsschwerpunkte liegen neben Minden-Lübbecke entlang der Lippe-Aue und am Unteren Niederrhein. Aber auch in weitere Landkreise sind die Störche zurückgekehrt.Das Aktionskomitee sieht Anzeichen dafür, dass der positive Trend noch anhalten wird. Seit etwa zehn Jahren war eine zunächst verhaltene, aber spürbare Ausweitung der von den Störchen primär besiedelten Weseraue über die Bastauniederung nach Westen zu erkennen. Diese Entwicklung nahm 2012 mit ersten Bruten in Hedem, Getmold und Rahden stürmisch zu.Erstmals seit Ende des 19. Jahrhunderts (Barkhausen), also vor über 110 Jahren, brüteten gleich zwei Paare südlich des den Kreis in West-Ost-Richtung durchziehenden Weser- und Wiehengebirge in Hüllhorst-Tengern und Porta Westfalica-Costedt. Dieser Vorstoß der Störche nach Westen und Süden erschließt ihnen diesen "storchfähigen" Lebensraum, der nach dem schweren historischen Rückgang der Störche bis 1990 verwaist blieb.Die Zahl der gemeldeten Nichtbrüter im Kreis erreichte ebenfalls eine neue Größenordnung. Mehrmals zur Brutzeit wurden Trupps von 30 bis 60 Exemplaren gemeldet, zu einem Zeitpunkt, an dem Altstörche noch an ihre Horste gebunden und die Jungstörche noch nicht ausgeflogen waren.Es gelangen zahlreiche Ringablesungen, die ein Alter dieser Vögel von zwei Jahren, gelegentlich einem Jahr nachwiesen. Es handelte sich somit um typische Junggesellentrupps. Hier wartet die noch nicht brut-reife Jugend auf ihre Zeit, denn das Erstbrutalter beträgt meist drei Jahre. Die Arbeit des Aktionskomitees "Rettet die Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke" kann durch Spenden (Tel.: 0571/80723450) unterstützt werden: Konto-Nr.: 80512866, Sparkasse Minden-Lübbecke, BLZ 49050101.www.stoerche-minden-luebbecke.de, www.westfaelisches-storchenmuseum.de

Störche im Mühlenkreis weit verbreitet

Petershagen (mt). Von nur noch drei Weißstorchpaaren um 1990 im Kreis Minden-Lübbecke ist die Zahl auf 42 angestiegen: Die Störche waren 2012 so stark vertreten wie vor 80 bis 100 Jahren. Der Mühlenkreis ist auch zum Storchenkreis geworden.

Zwischen Getmold im Westen und Schlüsselburg im Nordosten des Kreises Minden-Lübbecke stellte das Aktionskomitee 42 Weißstorchpaare fest, ein neues Rekordjahr. Karte R.Löhmer-Eigener und Aktionskomitee
Zwischen Getmold im Westen und Schlüsselburg im Nordosten des Kreises Minden-Lübbecke stellte das Aktionskomitee 42 Weißstorchpaare fest, ein neues Rekordjahr. Karte R.Löhmer-Eigener und Aktionskomitee

Das ist nicht nur allein für den Fortbestand der Art im Kreis eine gute Nachricht. Der Storch wird wohl in der gesamten Bevölkerung ungeteilt positiv bewertet und steht wie kaum ein anderes Tier für den engen Bezug von Mensch und Natur, der schleichend und unbemerkt verloren zu gehen droht, als stünde die Art Mensch außerhalb der Natur.

Von den an Nestern und Nisthilfen ansässigen 42 Storchenpaaren bebrüteten 40 ein Gelege, allerdings nur 27 erfolgreich. Aus mindestens 125 gelegten Eiern schlüpften mindestens 107 Küken, von denen nur 61 bis zum Ausfliegen aufwuchsen.

Verluste treten in jedem Jahr auf, doch ist die Quote ausfliegender Junge pro Horstpaar (JZa) mit 1,45 (2011: 1,94) niedrig und für den Erhalt des Bestandes langfristig nicht ausreichend. Ursache ist immer wieder lokaler Nahrungsmangel infolge des geringen Bestandes oder sogar ein weiterer Verlust des feuchten, extensiv genutzten Grünlands.

Doch in diesem Jahr wurde die extrem hohe Sterblichkeit der Storchenjungen durch das nasskalte Juniwetter bewirkt, das sie im Alter von ein bis drei Wochen besonders hart traf. Ganze Bruten gingen verloren. So blieb es bei 61 Jungstörchen, 2011 waren es bei nur 34 Brutpaaren noch 66.

Begeisterung in neuen Storchendörfern

Die langjährige NRW-Storchenhauptstadt Petershagen konnte noch zulegen: 19 Paare (plus zwei) versuchten ihr Glück, darunter Erstansiedlungen abseits der bevorzugten Weseraue: Ilserheide, Frille, Rosenhagen. Neue Nisthilfen wurden fast unmittelbar wahrgenommen auch in Quetzen, Lahde, Seelenfeld. Die niedrige JZa in der Stadt Petershagen mit nur 1,1 ausfliegenden Jungen pro Paar deutet hier vermutlich auf eine Sättigung des Lebensraumes hin.

Hille folgt mit elf Paaren (plus zwei). Ein weiteres Paar baute spontan auf einem Hausschornstein, zu spät für diese, doch vermutlich als Vorgriff auf die nächste Brutsaison. In den Hiller Ortsteilen Brennhorst und Neuenbaum kam es zu ersten Bruten. Die Störche haben sich hier neben den Ortsteilen Mindenerwald und Wittloge den nördlichen Teil der Gemeinde erschlossen, in dem noch ausreichend Grünlandbereiche erhalten sind.

Bei 24 Jungen ergibt sich die "Hiller JZa" zu 2,2 und damit deutlich höher als die Petershäger Vergleichszahl. Die Nähe zur Deponie Pohlsche Heide ist ganz offensichtlich ein "positiver" Bestandsfaktor.

Was die Vögel dort als Nahrung aufnehmen, ist nicht leicht zu ermitteln. Die Katastrophe von 2009, als zahlreiche Jungstörche durch von den Altvögeln eingetragene Silikon- und Gummistücke starben, wiederholte sich nicht. In den Horsten fanden sich diese Nahrung imitierenden Gegenstände kaum, auch nicht in den vorgefundenen Gewölleballen.

In Hille bebrütete das Storchenpaar ein Gelege von sieben Eiern, ein sehr seltenes Ereignis. Die vom Trägerverein der alten Brennerei Hille im Frühjahr installierte Kamera ermöglichte lebendige Einblicke. Drei Jungstörche wuchsen schließlich heran, von denen einer nach dem Jungfernflug am Boden blieb, eingefangen und auf dem Dach des nahen Supermarktes ausgesetzt werden konnte. Am nächsten Tag stand er vereint mit seinen Nestgeschwistern wieder auf dem Brennereischornstein.

Weiterer Anstieg der Storchenzahlen möglich

Im Altkreis Lübbecke brüteten erstmals neun Paare (plus drei), ganz offensichtlich mit der Option auf mehr. Getmold, Harlinghausen und Rahden markierten 2012 die nächsten Stationen der Rückbesiedlung des westlichen Kreisgebietes. Das alte Storchenland um Oppenwehe und Oppendorf ist dagegen von den Störchen offenbar noch nicht wieder entdeckt worden. Die besetzten Plätze rücken jedoch näher heran, sodass die Verbreitungslücke nach Westen zu den wenigen Störchen am Dümmer in einigen Jahren geschlossen sein könnte.

Das Wiedererstarken der Störche in Nord- und Westdeutschland hat vielschichtige Gründe. Ihr Anstieg im Kreis Minden-Lübbecke ist besonders ausgeprägt und ging der Entwicklung in den Nachbarkreisen voran. Der Bestand in NRW stieg von den drei letzten Paaren auf 101. Verbreitungsschwerpunkte liegen neben Minden-Lübbecke entlang der Lippe-Aue und am Unteren Niederrhein. Aber auch in weitere Landkreise sind die Störche zurückgekehrt.

Das Aktionskomitee sieht Anzeichen dafür, dass der positive Trend noch anhalten wird. Seit etwa zehn Jahren war eine zunächst verhaltene, aber spürbare Ausweitung der von den Störchen primär besiedelten Weseraue über die Bastauniederung nach Westen zu erkennen. Diese Entwicklung nahm 2012 mit ersten Bruten in Hedem, Getmold und Rahden stürmisch zu.

Erstmals seit Ende des 19. Jahrhunderts (Barkhausen), also vor über 110 Jahren, brüteten gleich zwei Paare südlich des den Kreis in West-Ost-Richtung durchziehenden Weser- und Wiehengebirge in Hüllhorst-Tengern und Porta Westfalica-Costedt. Dieser Vorstoß der Störche nach Westen und Süden erschließt ihnen diesen "storchfähigen" Lebensraum, der nach dem schweren historischen Rückgang der Störche bis 1990 verwaist blieb.

Die Zahl der gemeldeten Nichtbrüter im Kreis erreichte ebenfalls eine neue Größenordnung. Mehrmals zur Brutzeit wurden Trupps von 30 bis 60 Exemplaren gemeldet, zu einem Zeitpunkt, an dem Altstörche noch an ihre Horste gebunden und die Jungstörche noch nicht ausgeflogen waren.

Es gelangen zahlreiche Ringablesungen, die ein Alter dieser Vögel von zwei Jahren, gelegentlich einem Jahr nachwiesen. Es handelte sich somit um typische Junggesellentrupps. Hier wartet die noch nicht brut-reife Jugend auf ihre Zeit, denn das Erstbrutalter beträgt meist drei Jahre. Die Arbeit des Aktionskomitees "Rettet die Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke" kann durch Spenden (Tel.: 0571/80723450) unterstützt werden: Konto-Nr.: 80512866, Sparkasse Minden-Lübbecke, BLZ 49050101.

www.stoerche-minden-luebbecke.de, www.westfaelisches-storchenmuseum.de

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