Minden (mt). Die Planer stellten vor, die Anwohner kritisierten, die Stadtverordneten diskutierten: Erstmals sah der Mindener Bauausschuss dreidimensionale Planzeichnungen und sogar einen animierten Flug durch das Baugebiet Klinikum I/Ringstraße.

Die anschließende Diskussion brachte hingegen wenig Neues. Die Anlieger finden die Ausmaße von Verbrauchermarkt und Bebauung weiterhin überdimensioniert: "Das ist schlimmer, als ich mir vorgestellt habe. Da wird ein Ghetto für Leute geschaffen, die viel Geld haben. Sowas können Sie vielleicht in einer Großstadt bauen."
Jürgen Gebauer (Mindener Initiative) sieht das ähnlich: "Völlig überdimensioniert und ein Grünzug, der keiner ist", so die Kritik der Fraktion - inzwischen auch in einer schriftlichen Stellungnahme veröffentlicht. Die MI sage klar Nein zu dem Projekt in seiner gegenwärtigen Form. Es gebe zudem Überlegungen anderer Investoren, und die hätten auch auf den Tisch gemusst.
"Frischluftschneise" gefordert
Kritisch meldete sich auch Peter Düster (Bürger-Bündnis Minden) zu Wort. Er kämpft für eine breite "Frischluftschneise", die aus seiner Sicht da seit hundert Jahren Gegenstand der Stadtplanung gewesen sei. "Das Straßenbegleitgrün ist schmal und mickrig, es hat mit einem Grünzug nichts zu tun." Ferner gab er unter anderem zu bedenken, dass der Abstand zwischen Häusern und Rückwand des Marktes zu gering sei. Seine Meinung: "Hier wird in vielen Punkten gegen die Grundzüge der Stadtentwicklungsplanung verstoßen." Und darüber werde noch vor dem Verwaltungsgericht zu reden sein.
Horst Idelberger (Die Grünen) fragte nach dem ursprünglich angedachten Gehweg im Grünstreifen und erfuhr, der sei wegen des sowieso vorhandenen angrenzenden Fußwegs nicht mehr geplant. Das Mäuerchen um das Gelände kommt ebenfalls weg, unter anderem, weil es sonst den Grünstreifen eingrenze und nicht der Allgemeinheit zur Verfügung stelle.
Eingehauste Lüftung auf dem Dach
Auch Gerhard Förster-Vehring kritisierte: "Das Ganze als Grünstreifen zu bezeichnen, finde ich schon fast unverfroren. Das ist ein Hundetoilettenwegstück."
Und wie sei es mit dem Lärm von Lüftungsgeräten am Verbrauchermarkt? Darauf ging unter anderem Andre Blankenagel ein, der für die Volksbank Mindener Land das Projekt vorstellte. Gemeinsam mit dem WEZ soll auf dem Gesamtareal hier ein Wohn- und Geschäftsareal entwickelt werden.
Den Wez-Markt gestaltete das Architekturbüro im Entwurf mit einer Fassade aus Ziegel und Keramik sowie Metallelementen. Die Technik stehe eingehaust auf dem Dach, die Anlieferung erfolge in einer geschlossenen Halle.
Hinter dem Supermarkt würde eine 1,20 Meter hohe Schnitthecke stehen; den Blick auf die Fassade sollen Säulen-eichen und starke Gestaltungselemente abfangen.
Der Grünzug entlang Hardenbergstraße und Friedrichstraße wird mit weiteren Bäumen ergänzt, und es sollen an zwei Stellen Aufenthaltsmöglichkeiten geschaffen werden.
Autos parken in Tiefgaragen
Im Quartier werden wenige Autos parken, denn mehrere Häuser sollen sich, so die Vorstellungen der Planer, eine Tiefgarage teilen. Die Flächen für Häuser seien mit zwischen 650 bis knapp 2000 Quadratmeter geplant, erfuhr Harald Freise (FDP) auf Nachfrage. 40 Prozent der Fläche dürfe bebaut werden.
Die Mindener Initiative sieht diese Entwürfe als Ergebnis von "Wunschdenken". Diese Grundstücksgrößen seien bei Bodenrichtwerten von 150 Euro pro Quadratmeter nicht realistisch. Blankenagel widersprach: Aus seiner Sicht sei das durchaus vermarktungsfähig.
Zum Zeitplan erklärte Blankenagel, im Januar sei die Probeverfüllung durch den Kreis Minden-Lübbecke angesetzt. Nach Auswertung könne dann im Frühsommer mit dem Füllen der Grube begonnen werden. Die Erschließung müsse dann komplett vollzogen werden, sodass frühestens im Frühjahr 2015 mit Bauarbeiten begonnen werden könne.
Davor stehen allerdings noch die zweite Auslegung und möglicherweise das von Düster angekündigte Verwaltungsgerichtsverfahren.
Christina Gerhardt von der CDU lobte im Ausschuss die Pläne. "Ich wundere mich immer wieder, was man noch finden und woran man noch rummäkeln kann. Ich halte das für eine gelungene Planung und finde gut, dass man sich das jetzt mal vorstellen kann."
Stellungnahme der Mindener Initiative zur geplanten Bebauung des ehemaligen Klinikumgeländes im Wortlaut
Minden. "Völlig überdimensioniert und ein Grünzug, der keiner ist." Mit diesen Worten kommentiert die Mindener Initiative (MI) die Planungen für die Bebauung des ehemaligen Klinikum-Grundstücks an der Ringstraße.
Jürgen Gebauer, Sachkundiger Bürger im Bauausschuss, reagierte damit auf die aktuelle Vorstellung des Planungsstandes "Ringstraße/ehemaliges Klinikumsgelände" am vergangenen Mittwoch in dem Fachgremium. "Diese Vorstellung des Einzelhandelsobjekts und der geplanten hochwertigen Bebauung hat manche erschreckt." Hinzu komme die lange Realisierungsphase von bis zu zehn Jahren, die der Planer genannt habe.
Auf dem Grundstück an der Ringstraße/Friedrichstraße will die Volksbank Mindener Land gemeinsam mit dem Supermarktbetreiber WEZ eine Wohn- und Geschäftsfläche realisieren. Die vorgesehene Größe des Supermarkts in Verbindung mit weiteren Geschäftsflächen, der als Riegel zur Ringstraße hin entstehen soll, wird seit langer Zeit von verschiedenen Gruppierungen kritisiert.
Dazu gehört auch die Unabhängige Wählervereinigung Mindener Initiative. "Wir haben schon vor einigen Jahren moniert, dass dieser Riesenklotz an der geplanten Stelle fehl am Platze ist", sagt Jürgen Gebauer. Und auch der geplante Grünzug sei keine wirkliche grüne Lunge für die Innenstadt. "Er ist von mehreren Grundstückszufahrten unterbrochen. Hinzu kommen die Zu- und Ausfahrten für die Gewerbefläche."
Aus diesem Grund sage die MI klar "Nein" zu dem Projekt in dieser Form. Dagegen gab es Überlegungen anderer Investoren, denen die Wählervereinigung zustimmen könne. Gebauer: "Und diese Planungen hätten auf den Tisch gemusst."
Als Wunschdenken bezeichnet die Mindener Initiative auch die vorgelegten Entwürfe für die hochwertige Wohnbebauung, die sich in Richtung des Botanischen Gartens ziehen soll. "Grundstücksgrößen von 600 bis 2000 Quadratmeter bei Bodenrichtwerten von 150 Euro pro Quadratmeter sind nicht realistisch", erläutert Gebauer.
Der übt außerdem scharfe Kritik am Verhalten der Verwaltung und des Investors. "Es gibt nicht einen Hauch Bereitschaft, die berechtigten Einwände und Begehren der Bürgerinnen und Bürger in die Planungen einzuarbeiten." Hinzu komme, dass den Bauausschuss-Mitgliedern wieder einmal keine Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien, um das Vorhaben in den Fraktionen und mit den Bürgern weiter erörtern zu können. Zumal das Planverfahren in eine zweite öffentliche Auslegung müsse.
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