Minden (mt). Einen 19 Punkte umfassenden Fragenkatalog zur Situation des Glacis´ und seiner Bäume hat eine - nach eigenen Angaben - "Gruppe besorgter Bürger" in der Fragestunde des Rates an Bürgermeister Michael Buhre gerichtet.

Hintergrund für die Anfrage, deren Beantwortung etwa 45 Minuten dauerte, sei die in "beängstigender Weise stattfindende Abholzung zahlreicher Bäume", begründeten Christiane Linder und Uta Becker die Einreichung des dreiseitigen Fragekataloges. Als Gründe für die Abholzung würde die Stadt immer wieder die Verkehrssicherungspflicht anführen. Dieses sei als Argument aber oft nur vorgeschoben, vermuten die Fragestellerinnen.
Linder und Becker erinnerten im Vorfeld der Fragestunde aber auch daran, dass es die Möglichkeit von Patenschaften für Teilbereiche des Glacis´ gebe. So könnten frühzeitig Hinweise auf geschädigte Bäume an die Städtischen Betriebe gegeben werden. Die könnten dann schneller reagieren und so den entsprechenden Baum vor der Säge retten. Denn es gelte das Vermächtnis zu erhalten, das nach dem Schleifen der Festung der Bürgerschaft Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Anlegen des Grünstreifens auf dem ehemaligen freien Schussfeld vor der Festung, dem Glacis, geschaffen worden sei.
In der öffentlichen Fragestunde des Rates wollten Uta Becker und Rainer Mühler-Linder, der stellvertretend für seine kurzfristig erkrankte Frau sprach, unter anderem vom Bürgermeister wissen, ob es möglich ist, eine Karte vom Flächennutzungsplan zu erhalten, in dem das Glacis ausgewiesen ist. Michael Buhre hielt eine solche Karte bereit.
Ob die Stadt gewillt sei, den Schutz des Weserglacis´ durch den Landschaftsplan Porta Westfalica zur Kenntnis zu nehmen, wollten die Fragesteller ebenfalls wissen. Das werde bereits bei allen Entscheidungen berücksichtigt und der Kreis in seiner Eigenschaft als Untere Landschaftsbehörde werde konsultiert, so Buhre: "Wir handeln nach Recht und Gesetz."
Fällen der Bäume im Glacis
Auf die Frage, wie die Kommune das Roden der Hecken und Fällen der Bäume im Weserglacis rechtfertige, betonte das Stadtoberhaupt, die Maßnahmen seien mit der Unteren Landschaftsbehörde abgesprochen. Zudem handele es sich beim Glacis "nicht um einen Urwald, sondern eine Kulturlandschaft", bei der es eine Pflicht gebe, diese zu pflegen und zu hegen. In diesem Frühjahr seien bereits 80 neue Bäume von den Städtischen Betrieben gepflanzt worden, reagierte Buhre auf die Nachfrage von Uta Becker, ob die Stadt die gefällten Bäume im Verhältnis 1:1 ersetze.
"Was haben Sie mit dem Glacis in Zukunft vor", so eine der insgesamt 19 Haupt- und etwa 15 weiteren Nebenfragen. "Es handelt sich beim Glacis um eine Art Parkanlage. Sie wird von uns gepflegt, sie soll genutzt und weiterentwickelt werden", erklärte der Bürgermeister.
Kritik übten Becker und Linder auch an der Genehmigung des Erweiterungsbaues des Clubs 74 an der Johansenstraße, der auf der Fläche des alten Tennisplatzes des ehemaligen Offizierskasinos entstanden ist und heute eingeweiht wird, um psychisch kranken Menschen eine Heimat zu geben. Die Stadt habe mit der Baugenehmigung gesetzwidrig gehandelt, da es sich hier um ein Landschaftsschutzgebiet handele, so der Vorwurf von Becker und Linder.
Dem widersprach Buhre, in dem er darauf verwies, dass im Genehmigungsverfahren die Untere Landschaftsbehörde beteiligt gewesen sei und diese keine Bedenken gehabt habe. "Es handelt sich hier laut Flächennutzungsplan um eine Mischgebietsfläche und es hat Auflagen gegeben, Ausgleichsflächen zu schaffen."
Kritisch betrachten die Fragesteller zudem die häufige Begründung der Stadt, Bäume müssten gefällt werden, weil sie krank seien. "Welche Kriterien führen Sie an, eine Krankheitsdiagnose zu erstellen", wollten Uta Becker und Christine Linder daher wissen. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht müssten regelmäßige Kontrollen stattfinden, antwortete Michael Buhre. Speziell ausgebildete und zertifizierte Baumkontrolleure würden die Sichtung vornehmen. In regelmäßig besuchten Seminaren würden die Mitarbeiter der Städtischen Betriebe zudem in Hinsicht auf die Entscheidung, ob Bäume gefällt oder erhalten werden, von einer anerkannten und unabhängigen "Baum-Juristin" in der aktuellen Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht geschult.
Auf die Frage, ob die Stadt bereit sei, sich mit einer Baumschutzsatzung zu befassen, erinnerte Bürgermeister Buhre daran, dieses sei in den vergangenen vier Jahrzehnten immer wieder diskutiert worden. Bislang sei eine solche Satzung aber nicht für notwendig gehalten worden. "Minden ist eine grüne Stadt und in den vergangenen Jahren ist sie immer grüner geworden."
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