Klimaschutz ist eine Chance für Unternehmen - Perspektivwechsel vor Ort

Minden. Das Weserstadion würde wohl nicht reichen, wenn man alle zusammenriefe, die sich in Minden und Umgebung für eine gesunde, saubere und faire Welt einsetzen – und das oft schon seit Jahrzehnten. Ein Beispiel: Lange bevor es quasi eine Binsenwahrheit wurde, dass die Folgen von globalem Handeln und Reisen auch in Minden-Lübbecke spürbar sein werden, setzte sich der 1976 gegründete &bdquo;Dritte Welt Laden“ für fairen Welthandel ein.

Heute heißt das &bdquo;Klimaschutz“, es geht um &bdquo;Nachhaltigkeit“ und &bdquo;Ressourcenschonung“, und fast immer wird dann auch gesagt, dass es ein &bdquo;Querschnittsthema“ sei. Das ist eine Schwäche, denn irgendwie ist ja alles Klima, und die Aktiven haben viel damit zu tun, sich zu vernetzen und auszutauschen. Dass es aber vor allem eine Stärke sein kann, wird bei Treffen deutlich – wie dem des &bdquo;Beirats Bildung für nachhaltige Entwicklung und kommunale Entwicklungszusammenarbeit“. Das ist in Minden eine Steuerungsgruppe, in der sich Verwaltung, Politik und Akteure vor Ort in großen zeitlichen Abständen austauschen. Dieser Beirat kann nichts beschließen und der Verwaltung auch keine Aufträge erteilen, aber er kann Empfehlungen für Projekte geben, die dann im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verkehr behandelt werden. Und Themen setzen.

Was mit &bdquo;Querschnitt“ gemeint ist, wird deutlich, wenn die Teilnehmenden kurz über den aktuellen Stand ihrer Arbeit berichten: Da geht es um den Umzug der &bdquo;Solidarischen Landwirtschaft“, eine Initiative &bdquo;Klimabotschafter im Mühlenkreis“, Themen für die nächsten Wandeltage und 20 Jahre Mühlenkreiskaffee. Wie tief sie in ihren Themen stecken, machten die Nachfragen zum Gastvortrag der Sitzung am Donnerstag deutlich. Da stellten Stefan Diercks und Kathrin Stolze vom Nachhaltigkeitsteam (Corporate Sustainability Team) der Melitta Unternehmensgruppe ihre Arbeit und ihren Auftrag vor. Die Frage, was Klimaschutz kostet, springe zu kurz, so Dierks. Nachhaltigkeit ist auch eine Chance zur Weiterentwicklung.“ Melitta gehe es deswegen darum, solche Chancen zu schaffen, also Innovation und Nachhaltigkeit zu verknüpfen. &bdquo;Wir verstehen uns auch als interne Unternehmensberatung“. Zu den in diesem Zusammenhang genannten Beispielen zählen vor Ort etwa die bis zu 500-mal verwendbaren Bienenwachstücher, die Frischhaltefolien ersetzen, ebenso wie die Wiederverwendung von Stanzresten bei der Filtertütenherstellung oder Förderung der E-Mobilität. Nachfragen aus dem Plenum bezogen sich dann auf die Kaffeesparte und -produktion. Ob die Arbeitenden auf den Plantagen und Rösterein in Brasilien auch fair vergütet werden, wollte Bettina Fuhg (Bündnis 90/Die Grünen) wissen. Dierks bejahte das, erläuterte, dass das jeweils für den individuellen Standort mit Bezug auf die dortigen Lebenshaltungskosten mit den Tarifpartnern vereinbart werde. Bürgermeister Michael Jäcke lobte das Engagement und den &bdquo;fundamentalen Wandel im Ausnutzen von Ressourcen.“ Als Beispiel dafür hatte Diercks auf Nachfrage von Katrin Löchel (Weltladen) von Bestrebungen berichtet, das Fruchtfleisch der Kaffeebeeren weiterzuverwenden, beispielsweise als Dünger.

Diercks berichtete auch vorn den Auswirkungen des Klimawandels, die zurzeit den Kaffeeanbau ganz besonders betreffen. Ernteausfälle nach Frost und Dürre verursachen weltweit höhere Kaffeepreise – absehbar sei, dass 30 Prozent der brasilianischen Kaffee-Ernte für die kommenden zwei Jahre verloren seien. &bdquo;Jetzt gerade haben wir massive Starkregenereignisse.“ Millionen von Kaffeefarmern seien davon betroffen. Eine weitere Riesenherausforderung für den Kaffeesektor sei die Querkontamination mit Pestiziden, was die Herstellung von Biokaffee erschwere. Auf Jäckes Frage, inwieweit der weltweite Kaffeemarkt Einfluss auf das Abholzen der Wälder in Brasilien nehmen könne, erwähnte Diercks die Diskussionen im Europäischen Parlament zu sogenannten &bdquo;entwaldungsfreien Lieferketten“. Seit 2019 befassen sich Arbeitsgruppen im Europäischen Parlament mit Möglichkeiten, gegen Raubbau der tropischen Wälder vorzugehen. Der Entwurf dazu sei wohl nicht umsetzbar, aber klare Signale seien hier sehr wichtig. Aus seiner Sicht ist hier eine systemische Herangehensweise nötig, die ebenso die Marktstruktur wie auch Transportwege und Herstellergemeinschaften einbezieht. Dass im Koalitionsvertrag das Thema Entwicklungszusammenarbeit keine bedeutendere Rolle spielt, sei bedauerlich.

Fairer Handel – daran arbeitet auch der Weltladen intensiv. So ist gerade ein Projekt beendet worden, bei dem in Minden nachhaltig produzierte Orangen aus Italien bestellt werden konnten.