Initiative will Konzept der "essbaren Stadt" in Minden fördern Kräuter aus dem Park und Kohlköpfe aus dem Glacis / Soziale und ökologische Aspekte / Spareffekt für Kommune Von Jürgen Langenkämper Minden (mt). Frische Kräuter auf dem Heimweg in einem Park oder im Glacis sammeln, Salat oder Kohlköpfe ernten, das hört sich im ersten Moment befremdlich an. Andernorts ist es seit wenigen Jahren Realität. Und nun könnte auch Minden zu einer "essbaren Stadt" werden. "Wir wollen einen Weckruf starten", sagt Bettina Fuhg. Die bündnisgrüne Stadtverordnete hat sich mit einer kleiner Schar Mitstreiter in einer Initiative zusammengefunden, um das Konzept mit sozialen und ökologischen Aspekten zu fördern. Sinn und Zweck ist, auch in Innenstädten essbare Pflanzen anzubauen und zu verzehren. In den Genuss kämen nicht nur ärmere Bevölkerungsschichten, die dadurch Zugang zu kostenlosen vollwertigen Nahrungsmitteln erhielten. "Das ist eine Rückkehr zu Selbstversorgung", sagt Bettina Fuhg."Es gibt weltweit 250 essbare Pflanzen, wir nutzen aber nur 40 bis 50", sagt Burkhard Kayser. Der in Minden ansässige Gartenarchitekt und Landschaftsplaner hat sich auf nutzbare Landschaften spezialisiert und berät bundesweit Hotels und Betriebe, die den Reiz von blühenden Wild- und Gartenkräutern anstelle von reinen Zierpflanzen entdeckt haben und damit ihre eigene Küche oder Märkte beliefern.Aus Sicht Kayers ist das Konzept ein Beitrag zur Biodiversität, um eine vielfältige Pflanzen- und Lebenswelt zu erhalten - auch in Innenstädten. Denn selbst in einem seit Jahrhunderten immer mehr zugebauten Wohn- und Lebensraum wie der Mindener Altstadt gibt es viele Nischen und kleine Flächen. Deren Sauberhaltung kostet die Stadt viel Geld. Die "essbare Stadt", in der auch Bürger kleine Parzellen pflegen, könnte jedoch helfen, Geld für die Grünflächenpflege zu sparen. "Darüber führen wir in Kürze ein Gespräch mit Gerald Schüler, dem Leiter der Städtischen Betriebe Minden", sagt Bettina Fuhg.An viel befahrenen Straßen sollen jedoch keine Salatköpfe sprießen und Autoabgasen ausgesetzt sein. "Aber Blumenwiesen sehen viel schöner aus als Rasen und sind weniger oft zu mähen", weist Burkhard Kayser auf einen optischen Vorteil hin, der auch noch sparen hilft.Die Furcht vor Vandalismus teilt Stefan Schröder, sachkundiger Bürger der Linken, nicht. "In Andernach, der ersten essbaren Stadt in Deutschland, gab es derartige Befürchtungen. Aber die Bürger achten sehr auf ihre Beete." Im englischen Städtchen Todmorden, dem Ursprungsort der urbanen Selbstversorgung in Europa, solle sogar die Kriminalitätsrate gesunken sein, hat Detlef Müller von der Initiative Soziales Dorf recherchiert. Brachflächen, die für das Anpflanzen von Nutzpflanzen geeignet wären, gibt es aus seiner Sicht in Mindener Stadtteilen wie Bärenkämpen und Rodenbeck, in denen viele einkommensschwache Bewohner lebten, zur Genüge.Touristischer und medialer NutzenBettina Fuhg und ihre Mitstreiter hoffen, dass Minden in diesem Jahr eine der ersten, wenn nicht die erste essbare Stadt in NRW wird. "Das schafft Profil für die Stadt", glaubt sie. Stefan Schröder setzt bei dieser Aktion zudem auf einen medialen und touristischen Nutzen.Dass der Einzelhandel vor einem Erfolg des Konzeptes keine Furcht haben sollte, beruht für Burkhard Kayser auf einem wünschenswerten Nebeneffekt. Denn er glaubt fest: "Die Menschen lernen durch das Projekt den Wert von Lebensmitteln schätzen."Kontakt und weitere Informationen per Mail an: bettina.fuhg@fuhgdesign.de

Initiative will Konzept der "essbaren Stadt" in Minden fördern

Minden (mt). Frische Kräuter auf dem Heimweg in einem Park oder im Glacis sammeln, Salat oder Kohlköpfe ernten, das hört sich im ersten Moment befremdlich an. Andernorts ist es seit wenigen Jahren Realität. Und nun könnte auch Minden zu einer "essbaren Stadt" werden.

"Wir wollen einen Weckruf starten", sagt Bettina Fuhg. Die bündnisgrüne Stadtverordnete hat sich mit einer kleiner Schar Mitstreiter in einer Initiative zusammengefunden, um das Konzept mit sozialen und ökologischen Aspekten zu fördern. Sinn und Zweck ist, auch in Innenstädten essbare Pflanzen anzubauen und zu verzehren. In den Genuss kämen nicht nur ärmere Bevölkerungsschichten, die dadurch Zugang zu kostenlosen vollwertigen Nahrungsmitteln erhielten. "Das ist eine Rückkehr zu Selbstversorgung", sagt Bettina Fuhg.

"Es gibt weltweit 250 essbare Pflanzen, wir nutzen aber nur 40 bis 50", sagt Burkhard Kayser. Der in Minden ansässige Gartenarchitekt und Landschaftsplaner hat sich auf nutzbare Landschaften spezialisiert und berät bundesweit Hotels und Betriebe, die den Reiz von blühenden Wild- und Gartenkräutern anstelle von reinen Zierpflanzen entdeckt haben und damit ihre eigene Küche oder Märkte beliefern.

Aus Sicht Kayers ist das Konzept ein Beitrag zur Biodiversität, um eine vielfältige Pflanzen- und Lebenswelt zu erhalten - auch in Innenstädten. Denn selbst in einem seit Jahrhunderten immer mehr zugebauten Wohn- und Lebensraum wie der Mindener Altstadt gibt es viele Nischen und kleine Flächen. Deren Sauberhaltung kostet die Stadt viel Geld. Die "essbare Stadt", in der auch Bürger kleine Parzellen pflegen, könnte jedoch helfen, Geld für die Grünflächenpflege zu sparen. "Darüber führen wir in Kürze ein Gespräch mit Gerald Schüler, dem Leiter der Städtischen Betriebe Minden", sagt Bettina Fuhg.

An viel befahrenen Straßen sollen jedoch keine Salatköpfe sprießen und Autoabgasen ausgesetzt sein. "Aber Blumenwiesen sehen viel schöner aus als Rasen und sind weniger oft zu mähen", weist Burkhard Kayser auf einen optischen Vorteil hin, der auch noch sparen hilft.

Die Furcht vor Vandalismus teilt Stefan Schröder, sachkundiger Bürger der Linken, nicht. "In Andernach, der ersten essbaren Stadt in Deutschland, gab es derartige Befürchtungen. Aber die Bürger achten sehr auf ihre Beete." Im englischen Städtchen Todmorden, dem Ursprungsort der urbanen Selbstversorgung in Europa, solle sogar die Kriminalitätsrate gesunken sein, hat Detlef Müller von der Initiative Soziales Dorf recherchiert. Brachflächen, die für das Anpflanzen von Nutzpflanzen geeignet wären, gibt es aus seiner Sicht in Mindener Stadtteilen wie Bärenkämpen und Rodenbeck, in denen viele einkommensschwache Bewohner lebten, zur Genüge.

Touristischer und medialer Nutzen

Bettina Fuhg und ihre Mitstreiter hoffen, dass Minden in diesem Jahr eine der ersten, wenn nicht die erste essbare Stadt in NRW wird. "Das schafft Profil für die Stadt", glaubt sie. Stefan Schröder setzt bei dieser Aktion zudem auf einen medialen und touristischen Nutzen.

Dass der Einzelhandel vor einem Erfolg des Konzeptes keine Furcht haben sollte, beruht für Burkhard Kayser auf einem wünschenswerten Nebeneffekt. Denn er glaubt fest: "Die Menschen lernen durch das Projekt den Wert von Lebensmitteln schätzen."

Kontakt und weitere Informationen per Mail an: bettina.fuhg@fuhgdesign.de

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