Minden (ski). Im Glacis wurden im Februar mehr als 20 Bäume abgeholzt, auf dem alten Klinikumsareal sollen es um die 150 gewesen sein. Das stößt bei vielen Mindenern auf Unmut.

112 Anrufe empörter Bürger habe sie bekommen, als die Bäume am Klinikum gefällt worden seien, sagt Elisabeth Schmelzer. Die Aktivistin des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) hat daraufhin mit Gleichgesinnten die "Baumfreunde Minden" ins Leben gerufen. Um die 60 Mitstreiter hat sie bisher gezählt. Schmelzer kann eine ganze Reihe Stellen nennen, wo ihrer Meinung nach zu Unrecht die Säge geschwungen worden ist. Unter anderem am Simeonscarré. Das Argument, die Wohnungen seien sonst zu dunkel, lässt sie nicht gelten. "Das Glacis war lange vorher da. Die Bewohner haben gewusst, auf was sie sich einlassen."
Um den Bund zwischen Mensch und Gehölz zu festigen, suchen die Baumfreunde Paten für das Grün. Die Freiwilligen sollen etwa den Baum von Müll befreien oder ihn gießen. Des Weiteren sei ein GPS-Kataster geplant, in dem besonders alte Bäume verzeichnet werden sollten. Schmelzer bemängelt, dass die Stadt ihrerseits kein Register angelegt hat. Das ist Minden zu teuer. "Es müsste eigens ein Mitarbeiter damit betraut werden", sagt Anna Gebauer, Pressesprecherin der Stadt. Schmelzer bemängelt weiter, dass es keine Baumschutzsatzung gebe. Gebauer: "Eine große Mehrheit im Rat hat sich dagegen ausgesprochen."
Vermutlich auch deshalb, weil die Satzung nicht nur für die Stadt, sondern ebenfalls für Privatpersonen gelten würde: Das Umholzen im eigenen Garten wäre genehmigungspflichtig. Vielleicht ein Trost: Neun Bäume seien im Stadtbereich als Naturdenkmäler ausgewiesen, so Gebauer.
Auch Christiane Linder missfällt der Umgang mit den Bäumen. Sie findet die Auskunft der Stadt, dass im Glacis nur kranke Bäume gefällt worden seien, fadenscheinig. Für sie sehe es aus, als sollten so zum Beispiel in der Parkstraße mittelfristig neue Stellmöglichkeiten für Autos geschaffen werden.
Das sieht Jürgen Meyer vom Grünflächenamt naturgemäß anders. Sämtliche Bäume hätten der Verkehrssicherheit nicht mehr genügt. "Wir haben 23 Bäume gefällt, die alle von Pilzen befallen waren." Meyer: "Die Parkstraße wird von vielen Schülern benutzt, das Risiko, dass ein Baum umfällt, können wir nicht eingehen." Für den Laien sei ohne Weiteres nicht zu erkennen, ob ein Baum krank sei oder nicht. "Man kann das erst feststellen, wenn man den Wurzelbereich ausgräbt."
Reichtümer häuft die Stadt mit dem Verkauf des Holzes wohl nicht an. Seit über zwei Jahren bereits würde geschlagenes Holz dem "Verein Zentrallager e. V." angeliefert, so Meyer. Dort machen Langzeitarbeitslose daraus Brennholz. Einnahmen aus dem Verkauf der zuletzt gefällten 23 Bäume, laut Meyer: 1380 Euro.
In einer zweitägigen Hauruck-Aktion ging es im Februar rund 150 Bäumen auf dem alten Klinikumsgelände an den Kragen. Zum Leidwesen einiger Anwohner, die den Blick ins Grüne missen. Grund für den Kahlschlag sind wohl in erster Linie bessere Vermarktungsmöglichkeiten des Geländes, die sich der Besitzer ausrechnet. Das Gelände gehört dem Zweckverband Kliniken im Mühlenkreis (ZKIM), einer Tochter des Kreises.
Drei alte Bäume, die es nicht überlebt haben, standen auf dem Teil des Areals, auf dem das DRK unter anderem eine Kita betreiben will. "Wir hatten uns verpflichtet, die Bäume zu erhalten, dann hieß es seitens des ZKIM, sie seien krank und müssten weg", sagt Hans-Jürgen Weber vom DRK.
Die zuständige Stelle beim Kreis war bis Freitag telefonisch nicht zu erreichen.
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