Minden (mt). Das Magenta des Telefonhörers erinnert an das rote "T" des Telekom-Riesen. Als Buchungskonto die eigene Telefonnummer, dazu eine Kundennummer, die ohnehin niemand im Kopf hat - alles ähnelt einer Telekom-Rechnung. Aber dann folgt: "Keine Rechnung!" Stattdessen prangt in dicken Lettern: Telefongewinnspiel!

Eine neue, in Wirklichkeit schon alte Betrugsmasche hat Minden erreicht. "Uns liegen noch keine Erkenntnisse vor", antwortet Polizeisprecher Werner Wojahn zwar am Donnerstag auf eine MT-Anfrage. Aber schon aufgrund des äußeren Anscheins rät auch er zur Vorsicht.
Per Anmeldekarte an Postfach Busplatz sichern
Bereits vor mehr als anderthalb Jahren warnte die Polizei in Nürnberg vor derselben Masche. "Das Schreiben mit dem auffällig pinkfarbenen Telefonhörer soll dabei wohl absichtlich die Ähnlichkeit mit einem großen deutschen Telefonanbieter aufkommen lassen", berichtete seinerzeit Polizeisprecher Bert Rauenbusch. Zudem habe der Brief das Aussehen einer Telefonrechnung des gleichen Anbieters.
Ein Gewinn "im Wert von 400 Euro" lockte damals wie jetzt in einem Brief an eine Mindenerin, wie ihn dieser Tage wohl auch andere Haushalte erhalten haben. "Dieser Gewinn wurde bereits geprüft und steht nun zur Ausgabe", versichert ein gewisse Monika Kuhn vom angeblichen Kundenservice. "Deshalb möchte ich Ihnen als Ihr persönlicher Kundenberater Ihren Gewinn über die volle Summe gerne persönlich am 23.04.2009 in unserer nahe gelegenen Zweigstelle überreichen." Wo die liegt, bleibt ebenso im Dunkeln wie die Anschrift des Unternehmens. Nicht mal über eine Telefonnummer für Rückfragen verfügt "Das deutschlandweite Telefongewinnspiel".
Stattdessen sollen sich Gewinner per Anmeldekarte an einen Anmeldeservice mit Postfach in Essen einen Busplatz reservieren, und zwar binnen acht Tagen. "Bei späteren Einsendungen kein Gewinnanspruch. Änderungen vorbehalten", heißt es im Kleingedruckten.
Denn: "Um eventuellen Anreiseproblemen vorzubeugen, z. B. kein Auto, werden kostenlos öffentliche Verkehrsmittel in Form von Bussen eingesetzt" - spätestens ab hier riecht das Telefongewinnspiel verdächtig nach Kaffeefahrt. "Die Kripo Nürnberg hat dazu Erkenntnisse gewonnen und vermutet, dass hinter dieser ,Teilnahmebescheinigung` die Einladung zu einer Verkaufsfahrt steckt", hieß es schon im September 2007 in Mittelfranken. "Der versprochene Gewinn soll dabei möglicherweise auf den Preis angebotener und aller Wahrscheinlichkeit nach überteuerter Artikel angerechnet werden." In Internetforen wird bereits über die Methoden diskutiert, mit denen Reiseteilnehmer in der Abgeschiedenheit eines abgelegenen Lokals unter Druck gesetzt worden seien.
"Aber wie kommen die an meine Telefonnummer?", fragt sich die Mindenerin, deren Hoffnung an die Echtheit des offiziell wirkenden Schreibens und den 400-Euro-Gewinn noch nicht restlos zerstört scheint. Und außerdem heißt es doch, wenn auch nicht ganz fehlerfrei: "Zusätzlich haben Sie bei unserer Endauslosung unter allen Gewinner einen Nominierungspreis in Höhe von 1.000,00 Euro in bar erziehlt, der staatlich garantiert wird und jedem Gewinner am 23.04.2009 ausgezahlt wird."
Telekom hat keine Daten weitergegeben
"Von uns haben die Täter keine Daten erhalten", versichert Telekom-Sprecher George McKinney. Meist beschafften sich Abzocker derlei Daten von freiverkäuflichen Telefon-CDs. Die angebliche zehnstellige Kundennummer erweist sich beim Vergleich mit den monatlichen Telefonrechnungen, auf denen eine ebenfalls zehnstellige Kundennummer aufgedruckt ist, als falsch und frei erfunden.
Wegen der Vielzahl von Verdachtsfällen aus vielen Regionen seien die Ermittlungen an eine Polizeibehörde "im Ruhrgebiet" abgegeben, sagt der Nürnberger Polizeisprecher heute. Hier irrt er vermutlich - denn das ominöse Postfach in 49627 Essen befindet sich nicht in Essen/Ruhr, sondern in Essen (Oldenburg), einem 8000-Einwohner-Dorf im Landkreis Cloppenburg.
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