Mehr Leserbriefe von Frauen erwünscht Matthias Kalle Ich würde gerne mehr Briefe von Frauen bekommen. Also jetzt nicht privat, da will ich nur Briefe von meiner Frau bekommen, sondern beruflich. Frauen schreiben mir in meiner Funktion als Ombudsmann seltener als Männer. Und auch hier, auf der Leserbrief-Seite des MT, tauchen männliche Vornamen häufiger auf als weibliche. Am 31. Dezember 2022 zum Beispiel schrieben an dieser Stelle Harald, Thomas, Günther und, nun ja, Matthias. MT hat 2022 669 Leserbriefe erhalten Das MT hat im vergangenen Jahr 669 Leserbriefe erhalten, von denen 546 veröffentlich wurden. 123 Leserbriefe hat die Redaktion abgelehnt, weil sie beleidigend waren oder die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsfreiheit sonst wie überschritten. Im Jahr zuvor waren die Zahlen leicht anders: Da erreichten 774 Briefe die Redaktion, es wurden aber nur 101 Briefe abgelehnt. Maue Monate für Leserbriefe waren 2022 der Mai (43) und der Dezember (44), am schreibfreudigsten waren die Leser und Leserinnen im September (73). Auch hier sah es 2021 etwas anders aus: Viele Briefe kamen im Januar (103) und Februar (77), eher weniger im Juni (38) und Juli (45), den Ferienmonaten. Diese Statistik ist leider nicht unterteilt in Geschlechter, allerdings kamen von den im vergangenen Jahr abgelehnten 125 Briefen ganze 98 von Männern und nur 27 von Frauen. Ein einziger Mann allein hat es geschafft hat, dass 29 seiner Briefe abgelehnt wurden. Meistens, weil die Redaktion sie als rassistisch bewertete. Allein das waren zwei mehr als von allen Frauen zusammen (da brachte es die Spitzenreiterin, eine Russland-Anhängerin, auf vier Briefe). Machtasymmetrien in der Kommunikation Eine kurze Selbstrecherche ergab: Von den jüngsten 50 Leserbriefen, die im MT erschienen sind, kamen 68 Prozent von Männern, 32 Prozent von Frauen. Und ich frage wirklich, woher diese Schieflage kommt, wenn man davon ausgehen kann, dass sich die Leserschaft des MT geschlechtermäßig die Waage hält. Es gibt das schöne Kunstwort der „Herrklärung“, die englische Entsprechung ist „mansplaining“. Man bezeichnet damit Erklärungen eines Mannes, der davon ausgeht, er wüsste mehr über den Gesprächsgegenstand als die – meist weibliche – Person, mit der er spricht. Der Geschlechterforschung zufolge benennt der Begriff die Machtasymmetrien in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen. Woher kommt diese Selbstüberschätzung? Männer scheinen von sich, ihren Ansichten und Meinungen stärker überzeugt zu sein als Frauen – das wäre jetzt mal so meine – nun ja – Erklärung. Und vielleicht glauben Männer auch mehr zu wissen als Frauen. Man kann sich das in der Fernsehquiz-Show „Wer wird Millionär?“ anschauen, wenn der Kandidat eine einzelne Person aus dem Publikum als Joker aufruft. Es stehen fast nur Männer auf, und das Irre dabei ist, dass nicht selten Männer aufstehen, die die Antwort gar nicht wissen. Trotzdem gelingt es ihnen, diese falsche Antwort mit völliger Inbrunst als Fakt zu verkaufen. Woher kommt diese Selbstüberschätzung? Woher stammt der Glaube, das, was man denkt und meint und findet, der Welt unbedingt mitteilen zu müssen? Ich denke, dass hinter diesem Verhalten nicht einmal eine böse Absicht steckt. Der Grund dürfte eher in der Sozialisation und in der Entwicklung von Geschlechtsrollenidentität liegen. Wissen tue ich das allerdings nicht, deshalb wird diese Kolumne auch kürzer als sonst. Mehr habe ich nämlich zu dem Thema nicht zu sagen und vielleicht kann auf dem frei gewordenen Platz der Leserbrief einer Frau abgedruckt werden? Wenn es denn einen gibt – freuen würde es mich.

Mehr Leserbriefe von Frauen erwünscht

Matthias_Kalle © JONAS HOLTHAUS PHOTOGRAPHY
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Ich würde gerne mehr Briefe von Frauen bekommen. Also jetzt nicht privat, da will ich nur Briefe von meiner Frau bekommen, sondern beruflich. Frauen schreiben mir in meiner Funktion als Ombudsmann seltener als Männer. Und auch hier, auf der Leserbrief-Seite des MT, tauchen männliche Vornamen häufiger auf als weibliche. Am 31. Dezember 2022 zum Beispiel schrieben an dieser Stelle Harald, Thomas, Günther und, nun ja, Matthias.

MT hat 2022 669 Leserbriefe erhalten

Das MT hat im vergangenen Jahr 669 Leserbriefe erhalten, von denen 546 veröffentlich wurden. 123 Leserbriefe hat die Redaktion abgelehnt, weil sie beleidigend waren oder die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsfreiheit sonst wie überschritten. Im Jahr zuvor waren die Zahlen leicht anders: Da erreichten 774 Briefe die Redaktion, es wurden aber nur 101 Briefe abgelehnt. Maue Monate für Leserbriefe waren 2022 der Mai (43) und der Dezember (44), am schreibfreudigsten waren die Leser und Leserinnen im September (73). Auch hier sah es 2021 etwas anders aus: Viele Briefe kamen im Januar (103) und Februar (77), eher weniger im Juni (38) und Juli (45), den Ferienmonaten. Diese Statistik ist leider nicht unterteilt in Geschlechter, allerdings kamen von den im vergangenen Jahr abgelehnten 125 Briefen ganze 98 von Männern und nur 27 von Frauen. Ein einziger Mann allein hat es geschafft hat, dass 29 seiner Briefe abgelehnt wurden. Meistens, weil die Redaktion sie als rassistisch bewertete. Allein das waren zwei mehr als von allen Frauen zusammen (da brachte es die Spitzenreiterin, eine Russland-Anhängerin, auf vier Briefe).

Machtasymmetrien in der Kommunikation

Eine kurze Selbstrecherche ergab: Von den jüngsten 50 Leserbriefen, die im MT erschienen sind, kamen 68 Prozent von Männern, 32 Prozent von Frauen. Und ich frage wirklich, woher diese Schieflage kommt, wenn man davon ausgehen kann, dass sich die Leserschaft des MT geschlechtermäßig die Waage hält. Es gibt das schöne Kunstwort der „Herrklärung“, die englische Entsprechung ist „mansplaining“. Man bezeichnet damit Erklärungen eines Mannes, der davon ausgeht, er wüsste mehr über den Gesprächsgegenstand als die – meist weibliche – Person, mit der er spricht. Der Geschlechterforschung zufolge benennt der Begriff die Machtasymmetrien in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen.

Woher kommt diese Selbstüberschätzung?

Männer scheinen von sich, ihren Ansichten und Meinungen stärker überzeugt zu sein als Frauen – das wäre jetzt mal so meine – nun ja – Erklärung. Und vielleicht glauben Männer auch mehr zu wissen als Frauen. Man kann sich das in der Fernsehquiz-Show „Wer wird Millionär?“ anschauen, wenn der Kandidat eine einzelne Person aus dem Publikum als Joker aufruft. Es stehen fast nur Männer auf, und das Irre dabei ist, dass nicht selten Männer aufstehen, die die Antwort gar nicht wissen. Trotzdem gelingt es ihnen, diese falsche Antwort mit völliger Inbrunst als Fakt zu verkaufen.

Woher kommt diese Selbstüberschätzung? Woher stammt der Glaube, das, was man denkt und meint und findet, der Welt unbedingt mitteilen zu müssen? Ich denke, dass hinter diesem Verhalten nicht einmal eine böse Absicht steckt. Der Grund dürfte eher in der Sozialisation und in der Entwicklung von Geschlechtsrollenidentität liegen. Wissen tue ich das allerdings nicht, deshalb wird diese Kolumne auch kürzer als sonst. Mehr habe ich nämlich zu dem Thema nicht zu sagen und vielleicht kann auf dem frei gewordenen Platz der Leserbrief einer Frau abgedruckt werden? Wenn es denn einen gibt – freuen würde es mich.

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