
INTERVIEW // Anke Grotjohann
Wenn Sie Bürgermeisterin werden, welche
Themen haben für Sie dann einen
besonders hohen Stellenwert? Gibt es
etwas, das Sie mit besonderem Nachdruck
voranbringen wollen?
Durch meiner Ratsarbeit habe ich mitbekommen,
12 | Interview
dass die Verwaltung auf einen
moderneren Stand gebracht werden
muss. Das ist in erster Linie die Digitalisierung.
Wir müssen für unsere Bürger
mehr digitalen Service schaffen, so dass
man beispielsweise Bauanträge online
stellen kann oder dass man nur noch
in wenigen Ausnahmefällen ins Bürgerbüro
vor Ort gehen muss. Ein weiterer
Bereich der Digitalisierung betrifft die
Schulen. Die haben zwar iPads bekommen,
aber es müssen jetzt auch Schulungen
angeboten werden, um die Lehrkräfte
in die Lage zu versetzen, damit zu
arbeiten und das Wissen an die Schüler
weiterzugeben. Es geht um die Frage,
ob wir mit aktueller Software arbeiten.
Dazu brauchen wir IT-Spezialisten, die
uns auch technisch ins Jahr 2022 führen.
Unser Wittekindsberg ist sehr konfliktbeladen.
Einerseits wird der Freizeitwert
und der Wert als Naherholungsgebiet
sowie Touristenmagnet gesteigert,
andererseits gibt es gesperrte Wanderwege
und Wildnisentwicklungsgebiete,
die aus ökologischen Gründen möglichst
unberührt bleiben sollen. Wie lässt sich
dieser Konflikt lösen?
Es gibt zwei Sachen, an die ich gebunden
bin, wenn ich Bürgermeisterin werden
sollte. Zum einen die Frage, wie die
Mediation ausgeht, die zur Zeit vor Gericht
läuft. Als Juristin bin ich dafür, die
Mediation so zu forcieren, dass es endlich
zu einer Lösung kommt, damit man
Rechtssicherheit hat. Das andere ist eine
vom Kreis beauftragte FFH-Verträglichkeitsstudie,
die sich unter anderem mit
der Frage befasst, wieviel Tourismus
und Bewegung der Berg noch verträgt.
Diese Studie wird dieses Jahr noch fertiggestellt
und ist wichtig, um zu sehen,
was möglich ist. Ich finde es wichtig,
dass die Wittekindsburg geöffnet ist und
dass dort Bewegung ist. Es ist ein tolles
Naherholungsgebiet und es wäre wünschenswert,
dass es dort Gastronomie
gibt. Wir wissen ja, dass es auch eine
Frage der Zuwegung ist, die sich nicht
so schnell lösen lässt. Bezüglich des
Wolfsschluchtweges ist jetzt die zweite
Petition seitens des Rates und der Stadt
in Düsseldorf angebracht worden. Da
müssen wir abwarten, was dabei herauskommt.
Ist die Petition für einen Rat überhaupt
ein geeignetes Mittel? Petitionen sind
doch dafür gedacht, dass Bürgerinnen
und Bürger etwas vorbringen können.
Ja, das stimmt. Die Frage, ob die Petition
formal zulässig ist, ändert aber
nichts daran, dass sich mit dem Inhalt
beschäftigt wird. Und das ist ja der Sinn
der Petition. Ob der Wolfsschluchtweg
geöffnet wird, hängt ab von den sogenannten
Megagefahren und wie diese
von Düsseldorf aus beurteilt werden.
Darüber hinaus ist über die Öffnung
des Wolfsschluchtweges ein Rechtsverfahren
anhängig, das sicher demnächst
entschieden werden wird. Ich bin dafür,
dass man solche Naherholungs- und
Wildnisgebiete erfahren kann, allerdings
sanft und nicht in Massen. Ich könnte mir
vorstellen, dass die Begehung des Wolfschluchtweges
von erfahrenen Führern
begleitet möglich wird.
Welchen Stellenwert hat Tourismus in
Porta Westfalica für Sie?
Ich bin ja im Ausschuss für Stadtentwicklung,
Wirtschaftsförderung, Tourismus
und Stadtmarketing, der sich in einem
umfangreichen Positionspapier mit
dieser Frage beschäftigt hat. Wir wollen
nicht darauf herumreiten, dass wir
schlechte Zeiten haben. Das haben wir,
aber Tourismus gehört zu den angenehmen
Dingen im Leben. Tourismus ist für
mich nicht nur, Gäste zu gewinnen, sondern
auch Naherholung für unsere Bürgerinnen
und Bürger. In diesem Bereich
könnte ich mir vorstellen, dass man auch
mal einen Baggersee zu einem Badesee
umwidmen könnte. In Rinteln Hohenrode
wurde das über einen Freizeitverein geregelt.
Das finde ich toll.
Sanfter Tourismus ist keine „grüne“ Position.
Ich glaube, es gibt einen breiten
Konsens darüber, dass wir nicht noch
mehr Massen zum Denkmal hochbringen
können. Zudem bleibt vom Tagestourismus
für die Stadt nicht viel hängen.
Wenn wir über Tourismus reden,
brauchen wir also vor allem Verweildauer.
Wir brauchen in erster Linie mehr
Hotelkapazitäten, damit die Gäste über
Nacht bleiben und bei uns Geld ausgeben
können. Natur, Wandern und Radfahren
als ganzheitlichen Landurlaub in
einem Hotel mit Spa-Bereich anbieten zu
können – so stelle ich mir Tourismus vor.
Vor der letzten Kommunalwahl durfte
sich die Jugend in Porta Hoffnungen auf
eine neue Skaterbahn machen. Nach der
Wahl waren die Förderprogramme des
Landes überzeichnet. Die Grünen haben
im Rat deutlich gemacht, dass der Anteil,
der bei anderen Programmen durch
die Stadt zu tragen gewesen wäre, zu
hoch sein würde. Ist das Pragmatismus
oder doch eher Beschädigung von politischer
Glaubwürdigkeit?
Das ist so nicht richtig. Im Vorfeld haben
die Grünen ganz erheblich für einen attraktiveren
Platz gekämpft. Wir hätten
die die Skateranlage gerne am Wesertreff
in Barkhausen oder am Badezentrum
untergebracht. Das ist leider von
der Verwaltung abgeschmettert worden.
Die Verwaltung ist aber doch nicht dafür
da, etwas als alternativlos darzustellen
und damit politische Entscheidungen zu
revidieren.
Das stimmt, aber wir haben letztlich für
die alternativen Standorte keine politische
Mehrheit im Rat bekommen. Und
wir müssen natürlich auch an das Wort
der Verwaltung glauben. Da sitzen Fachleute,
die sich mit der Frage beschäftig
haben.
Ist das Projekt jetzt beerdigt?
Beerdigt hoffentlich nicht, aber wir sind
von einer 90-prozentigen Förderung
ausgegangen, die dann weggebrochen
ist. Das als Stadt allein zu finanzieren, ist
ein großer Schluck aus der Pulle.
Trotzdem beschädigt das gegenüber den
jungen Wählern die Glaubwürdigkeit.
Ja, das finde ich auch. Und dazu müssen
wir auch stehen. Wenn man Kindern und
Jugendlichen verspricht, eine Bike- und
Skateranlage zu bauen, sich die Kinder
in Workshops einbringen und wir das
aus finanziellen Gründen dann nicht
umsetzen, darf man sich nicht wundern,
wenn das bei den jungen Leuten zu einer
leichten Politikverdrossenheit führt.
Für uns sind die Gründe natürlich gut