
Sätze wie „Ich spiel nicht mehr mit dir!“ fallen
genauso oft wie „Du bist mein bester Freund!“.
Denken und Handeln sind in diesem Alter noch
sehr auf das Hier und Jetzt und auf die eigene
Person als Mittelpunkt allen Geschehens beschränkt.
Erwachsene werden weiterhin gern
eingebunden, aber immer differenzierter. Sie
haben nun mehr und mehr eine eher unterstützende
und streitschlichtende Funktion
oder kommen bei Dingen zum Einsatz, die
noch nicht selbstständig durchgeführt werden
können wie etwa Backen, Basteln, Werken.
Im Vorschulalter werden Freundschaften stabiler
und bekommen mehr den Charakter von
Allianzen. Es werden gern Gruppen oder „
Banden“ gebildet, um eigene Interessen zu
verfolgen und auch gegenüber Dritten durchzusetzen.
An dieser Stelle werden auch verstärkt
Werte wie Verlässlichkeit oder Hilfsbereitschaft
wichtig. Es werden bevorzugt
Freundschaften zu Kindern gepflegt, die als
ähnlich wahrgenommen werden oder die
zweckdienlich sind. Erwachsene werden nicht
mehr als Hauptspielpartner betrachtet, gleichwohl
aber als Schiedsrichter meist bevorzugt.
Im Grundschulalter macht die psychosoziale
Entwicklung von Kindern einen Sprung. Mehr
und mehr gelingt es ihnen, sich in andere
hineinzuversetzen, Impulse zu kontrollieren,
vorausschauend zu denken und Emotionen
angemessen zu regulieren. Auch moralische
Vorstellungen werden feiner und das eigene
Handeln und Denken wird weniger rigide.
Freunde dienen weiterhin dem gemeinsamen
Spiel, aber verstärkt auch dem Austausch.
Gibt es Ärger, so sind nicht immer gleich
Erwachsene die ersten Ansprechpartner.
Freunde werden vermehrt eingebunden, um
sich bei Streit oder Problemen mit Erwachsenen
Rückhalt zu verschaffen und Trost zu
bekommen. Dies hilft Kindern, selbstständiger
und unabhängiger zu werden und sich mehr
und mehr von Erwachsenen in den kommenden
Jahren abzugrenzen.
Soziale Kontakte von Kindern zu Gleichaltrigen
haben also in jedem Alter eine wichtige Funktion
und sind ein Spiegel der voranschreitenden
psychosozialen Entwicklung. Dabei gibt es
erhebliche Unterschiede zwischen dem, was
Kinder und was Erwachsene unter Freundschaft
verstehen. Verantwortlich dafür sind zwei
Dinge: Erfahrung und Reife. Freundschaften
zu beginnen und zu pflegen ist äußerst komplex
und erfordert Empathie, Impulskontrolle,
vorausschauendes Handeln usw. Für Freundschaften
ist es wichtig, sich in andere hineinversetzen
zu können, zu verstehen, dass andere
eigene Gedanken und Gefühle haben, dass
sie Dinge aus ihrer eigenen Sicht erleben und
bewerten. Für die Steuerung solch komplexer
Verhaltensweisen ist das Frontalhirn zuständig.
Dieses ist bei Kindern jedoch noch nicht vollständig
entwickelt, sodass für einige Elemente
„echter“ Freundschaft die Voraussetzungen
einfach noch nicht da sind. Gleichsam fehlt
es Kindern noch an Erfahrungen. Erwachsene
haben dagegen einen erheblichen Erfahrungs-
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